Die Weltwirtschaft erlahmt

Diese Woche kam der neueste Bericht des IWF zur Lage der Weltwirtschaft auf den Markt. Es wurde ausführlich darüber berichtet, insofern keine große Meldung für bto. Es lohnt sich jedoch, nochmals die Bedeutung zusammenzufassen. Es sind überall Anzeichen für das Endspiel unseres Ponzi-Schemas:

Zunächst die makroökonomische Sicht. Die Welt wird 2015 nur mit 3,1 Prozent statt der im April geschätzten 3,5 Prozent wachsen. Für die kommenden Jahre wird es dann wieder etwas besser, weil dann die schnell wachsenden Schwellenländer wieder etwas mehr wachsen sollen. Dabei geht der IWF zur Überraschung der meisten Beobachter davon aus, dass China weiter mit 6,8 in dieser und danach 6,3 Prozent für den Rest der Dekade wächst. – bto: Wir hatten hier schon die Diskussion über nur noch vier Prozent und das Risiko einiger Quartale mit darunter liegenden Werten.

 

Charts

Abbildung: Financial Times

Risiken sieht der IWF vor allem bei den Rohstoffexporteuren, sollte die chinesische Schwäche anhalten oder sich verstärken und in der stark gestiegenen Auslandsverschuldung der Schwellenländer.

Dazu passend dann wieder das typische Bild mit Kurven, die von links unten nach rechts oben gehen, relativ ungebremst:

Abbildung: The Telegraph

Die FINANZ und WIRTSCHAFT berichtet dazu: „Die Schwellenländer sind um 3000 Milliarden $ überschuldet, schätzt der IWF. Viñals erklärt: Unternehmen in Schwellenländern seien Konjunkturschwächen nun stärker ausgeliefert. Die Emerging Markets seien Kapitalabflüssen und einer Verschlechterung ihrer Kreditbonität ausgesetzt. Besonders China müsse einen schwierigen Balanceakt meistern, sagt der IWF-Direktor: ‚Das Land muss zu einem konsumgetriebenen Wachstum finden und dabei die Konjunktur nicht zu stark abkühlen lassen.‘ Gleichzeitig müsse ‚die hohe Verschuldung geordnet abgebaut werden und das System marktbasierter werden.‘“ – bto: Damit sind wir bei dem immer wieder kehrenden Thema: Steigende Verschuldung führt nicht nur zu unproduktiver Mittelverwendung, sondern auch zur nachfolgenden Schuldenkrise. Diese müssten ausgestanden werden, um die Wirtschaft zu bereinigen und damit die Grundlage für einen neuen Aufschwung zu legen – und übrigens auch, um abschreckend für die Zukunft zu wirken. Das geht aber nicht mehr, weil unsere Ponzi-Wirtschaft viel zu weit gegangen ist. Deshalb wird das Gesamtsystem immer anfälliger und die Rufe nach dem Helikopter-Geld immer lauter. Aber das ist ja auch keine Lösung!

Dann zeigt der IWF den „Kreditzyklus“: „Während die Eurozone ihre Bankbilanzen repariert und sich die USA in der Expansionszone befindet, wurde in den Schwellenländern die Spitze des Zyklus erreicht oder schon überschritten.“, so die FuW. – bto: Ich denke, dieses Bild ist falsch. Es suggeriert eine Rückkehr zu soliden Normalwerten, bevor der Zyklus wieder startet. Dem ist aber nicht so. Dahinter liegt eine konstant steigende Verschuldung. Also ist der Zyklus ein Schwanken um einen nicht-nachhaltigen Trend, der irgendwann knallen muss.

Grafik2_Kreditzyklus

Quelle: Internationaler Währungsfonds

Welche Nebenwirkungen unsere Politik des Krisenverschleppens hat, sieht man schön an der zunehmenden Korrelation der Finanzmärkte, wie wiederum der IWF zeigt: Je roter die Grafik, desto höher ist die Korrelation. Die Gleichläufigkeit zwischen Anleihen, Aktien, Schwellenländeranlagen und Rohstoffen ist nun ständig so hoch, wie es früher nur in Krisenzeiten der Fall war.

5_AnfälligkeitMärkteQuelle: Internationaler Währungsfonds

Bekanntlich arbeiten auch die Spieler an den Finanzmärkten mit immer mehr Schulden – Leverage, um die Rendite zu optimieren. Auch hier ist der IWF besorgt. Da zugleich die Eigenkapitalquoten der Banken in den Schwellenländern deutlich gesunken sind, droht auch von dieser Seite Ungemach. Sollte es zu einer neuen Krise kommen, würden demnach die Staatsschulden noch weiter steigen.

bto: Was ich wirklich interessant und besorgniserregend finde, ist dieses: Noch im letzten Jahr hat der IWF die Sorgen der BIZ um Finanzmarktstabilität und nicht geteilt und stattdessen „Weiter so!“ gerufen. Das Rufen ist zwar das Gleiche, aber die Risiken werden jetzt auch hier offen genannt. Kann es sein, dass der IWF zur Sicherung des eigenen Überlebens jetzt ehrlich warnt, um nicht (wieder) blöd dazustehen?

→ FT (Anmeldung erforderlich): IMF warns on worst global growth since financial crisis, 6. Oktober 2015

→ The Telegraph: $3 trillion corporate credit crunch looms as debtors face day of reckoning, says IMF, 7. Oktober 2015

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: IWF: Finanzmärkte könnten Weltwirtschaft erschüttern, 7. Oktober 2015