„Die Mär vom spanischen Wunder“

Die Blogger der FINANZ und WIRTSCHAFT sprechen mir mal wieder aus dem Herzen. Wir werden nur so angelogen von der Politik, wie es in Euroland vorangeht. Schon mehrfach habe ich darauf hingewiesen, so mit Blick auf das Märchen von der Rettung Portugals und dem Verweis, dass Spanien nun wahrlich keinen Mut macht. Hier nun ein detaillierterer Blick auf Spanien:

  • „In den letzten Monaten hat man immer wieder lesen können, dass Spanien gezeigt habe, wie man mit Reformen und Sparmassnahmen die Krise überwinden könne. Wenn alle Länder diesen Weg gehen würden, würde die Währungsunion gut funktionieren, wird argumentiert.“  – bto: und dann noch ergänzt um Irland (pleite) und Portugal (noch mehr pleite) als Beispiel für das Gelingen der Strategie der Euro „Rettung“. Wahnsinn.
  • Begründung sind das gute Wachstum und der gestiegene Handelsüberschuss, der die Folge von sinkenden Lohnstückkosten ist.  Das zeigen die Daten und Abbildungen im Beitrag auch schön.
  • Jetzt kommen die Gegenargumente: „Erstens ist Spanien von einem äusserst tiefen Niveau aus gestartet. Ein grosser Teil des Wachstums ist deswegen auf die Erholung von der schweren Krise zurückzuführen. Nur Italien ist schlechter dran, während zum Beispiel Frankreich sich in einer deutlich besseren Position befindet.“c2

bto: Da sieht man noch mehr: Italien und Spanien in tiefer Krise, USA, D und UK recht gut – alle getrieben durch Schulden! Bei D von den Schulden der Ausländer. Das sind übrigens NOMINAL-Zahlen. D. h., real ist es noch schlechter.

  • „Zweitens ist ein grosser Teil des Wachstums nicht auf die hohen Exportzahlen, sondern auf die Lockerung der Austeritätspolitik und den Binnenkonsum zurückzuführen. Zerlegt man nämlich das BIP-Wachstum in die einzelnen Nachfragekomponenten, sieht man, dass der Nettohandelsüberschuss in jüngster Zeit wieder negativ geworden ist.“ Klartext: Der Staat macht Schulden und spart nicht!  „Eben ist die spanische Regierung von der EU-Kommission ermahnt worden, weiter zu sparen. Es drohe ein Defizit von 4,5 Prozent des BIP (statt wie vereinbart 4,2 Prozent des BIP).“ – bto: McKinsey hat schon vor einiger Zeit vorgerechnet, dass Spanien die Schulden nicht mehr in den Griff bekommen kann.c4
  • „Drittens handelt es sich bei den Produktivitätsfortschritten um einen einmaligen Effekt. Als Folge der Krise sind die unproduktiven Betriebe verschwunden, und die produktiven Betriebe haben alle Leute entlassen, die nicht unbedingt gebraucht wurden. Diese erbarmungslose Flurbereinigung hat die gesamte Produktivität sprunghaft erhöht, aber eben nur für einmal.“ – bto: Vor allem Bau ist damit gemeint. Strukturell recht unproduktiv. Wenn man Bauarbeiter entlässt, steigt die Produktivität der Volkswirtschaft statistisch.
  • „Viertens darf man nie vergessen, dass im Moment aussergewöhnlich günstige Bedingungen vorherrschen: tiefer Ölpreis, günstige Zinsen, schwacher Euro. Wie robust der Aufschwung tatsächlich ist, wird man sehen, sobald die Schönwetterlage vorbei ist.“
  • „Manche Analysten möchten offenbar immer noch daran glauben, dass die Eurozone durch eine Exportoffensive der südeuropäischen Länder wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann. Die Krise soll sich sozusagen von selbst in Luft auflösen.“ – bto: vor allem Politiker!!

„… die Eurozone als Ganzes wird nie einen so grossen Exportüberschuss gegenüber dem Rest der Welt erzielen können, dass sie automatisch aus der Krise herauswächst“bto: Hinzu kommt, die anderen Regionen wollen auch über Exporte wachsen!

Passend dazu dann folgende Meldung: „Der Aufschwung in Spanien hat einen empfindlichen Dämpfer erhalten. Im August gab es bei der Industrieproduktion den ersten Rückschlag im laufenden Jahr. In den Monaten zuvor hatte Spaniens Industrie an Schwung gewonnen, das Wachstum zählte zu den stärksten in der Eurozone. Die Statistikbehörde revidierte den Produktionsanstieg im Vormonat Juli um 0,1 Prozentpunkte auf 0,7 Prozent zum Vormonat nach oben. Dagegen zeigte sich die enttäuschende Entwicklung der Industrieproduktion im August auch im Jahresvergleich. In dieser Abgrenzung meldete das Statistikamt einen bereinigten Produktionszuwachs um 2,7 Prozent, während Experten ein Plus von 4,7 Prozent erwartet hatten. Besonders stark traf es im August die Bergbau- und Tabakindustrie. Hier gab es laut Statistikbehörde jeweils Einbrüche im zweistelligen Prozentbereich.“

→  FINANZ und WIRTSCHAFT: „Die Mär vom spanischen Wunder“, 7. Oktober 2015

 

Kommentare (3) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Max
    Max sagte:

    Als jemand der in Spanien lebt und dort auch Geschäfte betreibt habe ich in diesem Jahr, vor allem durch den Tourismus geschuldet, tatsächlich einen extremen Aufschwung im Vergleich zum Vorjahr erlebt. Auch im Gespräch mit anderen Unternehmern konnte ich feststellen, dass das gröbste hier wohl überstanden ist.

    Natürlich tun der niedrige Ölpreis und die niedrigen Zinsen eine Menge dazu, aber im Großen und Ganzen merken mittlerweile auch die Arbeitnehmer ganz unten, dass es langsam aber schleppend vorwärts geht. Wie gesagt, langsam aber schleppend. Madrid wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut.

    Die spannende Frage wird sein, ob es im nächsten Jahr wieder so gut läuft. Auch die Wahlen am 20. Dezember werden hier unten mit Spannung erwartet, da es zum ersten Mal seit Ende der Diktatur einen echten Wechsel und ein Ende des Zwei-Parteien-Systems geben wird.

    Wir werden sehen…

    Viele Grüße

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Lieber Max, vielen Dank für den Bericht „von der Front“. Das klingt doch gut, und ich halte die Daumen, dass es weiter gut geht. Es ist natürlich ein Basiseffekt nach dem tiefen Sturz. Nun müssen wir sehen, wie VW wirkt und auch die Frage stellen, wie es mit den Schulden weitergeht. Der Privatsektor hat diese ja gesenkt, der Staat dafür umso mehr …

      LG
      DST

      Antworten
  2. Katalin
    Katalin sagte:

    Guten Tag,

    Spanien ist eine Halbwüsste ( ab Madrid ) und ist nie, durch folgendes gegangen, wie ganz Südeuropa ( außer Norditalien ):
    – Industrialisierung
    – Aufklärung

    Einzige Wettbewerbsfähige Industrie in ES ist die Bekleidungsindustrie, der Rest – Baubranche, Banken, Energie, Aviation sind subventinierte, korrupte Staatsunternehmen.

    Bekleidungsindustrie ist aber mit dem Euro zu teuer, da es keine Luxusmarken sind, wie in IT.

    Frage: Warum steigt ES aus EUR nicht aus.

    Antwort: Weil die Elite Ihr Vermögen in EURO halt und mit dem Ausstieg viel Geld verlieren würde und zusammen mit der DE Eliten das eigene Volk für die Schulden bisher zahlen lässt.
    Spanien hatte vor dem Euro 20 % AL und hat ist wieder dort angekommen mit dem Unterschied, dass private Schulden ( aufgenommen bei DE, FR Banken ) zu Staatsschulden gemacht wurden.

    Fazit: Umverteilung von unten nach oben, das DE Kapital kommt wiedermal ungeschoren davon, ( obwohl es Fehler begangen hat, indem Kredite an unsolvente Schuldner vergeben wurden ), da es die ES Eliten aufgekauft
    hat und um eine falsche Politik in eigenem Land durchzusetzten.
    Nichts neues: haben die Römer schon mit den Germanen gemacht:
    1. Germanien mit römischen Produkten überflutet
    2. Abhängigkeiten mit den Eliten geschaffen und diese mit zweitklassigen Posten in der Arme belohnt und zusammen mit den Ihnen Germanien ausgebeutet.
    3. Genau das selbe macht DE mit Süderopäischen Eliten.
    4. Bevölkerungen In DE und ES verlieren, Eliten gewinnen, kann man sowas bei MM schreiben, wem gehört MM, wieviel Tochterunternehmen hat Bertelsmann in Süd- / Osteuropa.

    Wie hat sich das Vermögen der DE, ES Eliten in den letzten 15 Jahren enwickelt in Gegensatz zu der arbeitenden Bevölkerung. Wiviel Einfluss hat Bertelsmann in den Think Thanks, die die Aussenpolitik bestimmen.
    Wer wollte Osteuropa vor 10 Jahren unbedingt in die EU aufnehmen ( der einfache Deutsche bestimmt nicht ) und wie hoch waren die Schulden in diesen Staaten damals und wie hoch sind sie heute ohne den EURO.
    Hier auch: einfache Bevölkerung gegen EU ( warum, weil etwa alle Linkspopulisten) Eliten dafür.

    http://www.fuw.ch/article/eine-osteuropakrise-mit-lehman-potenzial/

    Gruß

    Katlin

    Antworten

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