Die fatale Wirkung von Aktienrückkäufen

Immer wieder habe ich bei bto das Thema der Aktienrückkäufe beleuchtet. Als Berater stehe ich Aktienrückkäufen sehr skeptisch gegenüber. Letztlich bringen sie nur kurzfristig etwas (für die Vergütungsmodelle der Manager), aber langfristig mehr Schaden als Nutzen. Nun beleuchtet der brillante John Authers von der FT das Thema. Ich finde es zu gut, um es hier nicht zu bringen:

  • “The logic of low interest rates means buying stocks (as we have all established since 2009). It also means borrowing more, and retiring stock. It does not appear to mean very impressive economic growth, which is the problem.” bto: Das erlärt auch die Frustration der Bevölkerung.
  • “Some charts should illustrate the dimensions of the problem. This is from GMO’s James Montier.” bto: James Montier von GMO ist auch häufig auf bto zitiert.

Quelle: FT

  • “So equity issuance is tumbling. The laws of supply and demand remain in force, and there is less supply of equity, so the clearing price is higher. The rise in debt issuance is obviously a tad concerning.” bto:  Dadurch sollte der Gesamtwert des Unternehmens nicht steigen. Damit zeigt sich auch die Verteilungswirkung.
  • “There are fewer companies to choose from, both because M&A is taking companies off the table, and because newer companies are far less interested in going public. (…) there are far fewer public companies to choose from now than there were 40 years ago.” bto: Daraus folgt, die Investoren kaufen, was es gibt. Die Preise steigen weiter.

Quelle: FT

  • “How would Schumpeter feel about this? The sharp increase in cash flow return on investment, the measure of profitability used by Credit Suisse’s excellent HOLT model, suggests that US companies are far more profitable these days which in turn suggests they are subject to rather less competition, and less creative destruction. That would help explain why Main Street is thoroughly fed up with this latest economic expansion:”  bto: Neben der Credit Suisse hat übrigens BCG mit dem CFROI gearbeitet. Ich habe das Konzept intensiv studiert und angewendet. In der Tat sind stabil hohe Erträge ein Zeichen mangelnden Wettbewerbs. Die Folge sind übrigens auch unzureichende Innovation und Investition. Damit wird dann auch das geringe Produktivitätswachstum erklärt.

Quelle: FT

  • Hinzu kommt “a sheer lack of new companies coming to market. This is the pattern for initial public offerings (…)the number of companies coming to market is right back near its pre-Reagan lows, save only brief periods after the bear markets of 2002 and 2008″.

Quelle: FT

bto: Es ist ein System, das die eigenen Grundlagen unterminiert.

→  FT (Anmeldung erorderlich) “Authers’ Note: don’t let it fade”, 27. März 2017

Kommentare (11) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Felix Kurt
    Felix Kurt sagte:

    @ Herr Tischer:

    Das Thema Aktienrückkäufe ist ohnehin nur für einen Teil des Aktienmarktes relevant. Hinzu kommt, dass es ohnehin nur für Länder von “größerer” volks-/gesamtwirtschaftlicher Bedeutung ist, in denen der Aktienmarkt auch tatsächlich einen vergleichsweise großen Teil der Volkswirtschaft widerspiegelt.

    Also zusammen genommen spielt diese Diskussion am ehesten für die USA, evtl. noch für U.K. eine Rolle. In den kontinental-europäischen Ländern sicher nicht.

    Ich denke, da hat Dr. Stelter – vorbehaltlich seiner möglichen Antwort auf die noch offene Frage – auch nicht klar differenziert.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Ich glaube nicht, dass wir einen grundsätzlichen Disput haben.

      Eher ist die Akzentuierung unterschiedlich:

      Sie sehen Aktienrückkäufe mehr mit Blick auf makroökonomische EFFEKTE, etwa die Entwicklung des Wachstums betreffend und sind insofern nicht pessimistisch, auch der Relevanz von Aktienrückkäufen wegen, die bei uns – ganz richtig – keine große Bedeutung haben.

      Das ist völlig in Ordnung, ich habe da nichts zu kritisieren.

      Ich erkenne in Aktienrückkäufen mehr den INDIKATOR für eine Entwicklung, die ich für bedenklich halte. Im Rahmen einer Gesamtsicht verstärkt sich damit mein – sagen wir einmal – erhebliches Unbehagen am Lauf der Dinge, vor allem mit Blick darauf, was uns noch erwartet (u. a. Verteilungskämpfe aufgrund der demografischen Entwicklung)

      Ich denke, dass auch das in Ordnung ist.

      Wir können es dabei belassen.

      Antworten
  2. Alfred
    Alfred sagte:

    “and because newer companies are far less interested in going public.”

    Wieso sollten sie dies sein? Es ist empirisch erwiesen, dass bei höheren Bewertungen (Multiples) auch mehr Firmen IPOs machen, denn Sie kriegen natürlich auch relativ mehr für Ihre Anteile. Insbesondere Insider, also Manager oder Eigentümer, würden einen IPO eher dann nicht mitmachen, wenn sie das Unternehmen für mehr Wert halten, als ein IPO erzielen würde. Das hieße ja, dass trotz des momentan stattlichen Bewertungsniveaus (Sie thematisieren es häufig selbst) würden die IPOs als zu wenig lukrativ wahrgenommen werden. Das bedeutet entweder, dass die Chancen der Startups von den Eigentümern höher als vom Markt eingeschätzt werden oder aber dass VC in so großen Mengen vorhanden ist, dass sich ein IPO nicht lohnt. Letzteres scheint vielleicht bis zu einer gewissen Größe noch plausibel, dennoch möchte ich die oben zitierte Aussage mal mit einem Fragezeichen versehen. Haben Sie denn Informationen dazu, dass die IPOs von Startups zurückgehen? Und auch wieso sie dies tun sollten? Besten Dank.

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ Felix Kurt

    Sie haben recht, Dr. Stelter hat nicht definiert, was unter „System“ zu verstehen ist und auch ich habe den Begriff gebraucht, ohne ihn zu erläutern.
    Der Begriff kommt außer im Fazit von Dr. Stelter im gesamten Artikel nicht vor.
    Indikatoren, dass es um die Gesamtwirtschaft geht, insbesondere um die Realwirtshaft, und nicht um Subsysteme wie die Unternehmensfinanzierung sind „Wettbewerb“, „Innovation“, „Investition“ und „geringe Zinsen“.

    Entsprechend verstehe ich den Bezug von „System“ als auf das Gesamtsystem zielend.
    ´Wenn man ihn so versteht, dann – meine ich – drückt Dr. Stelter einen richtigen Sachverhalt aus:

    Wenn die Gewinne nicht mehr für Investitionen genutzt werden, dann hat das geringeres reales Wachstum zur Folge, was in einer Welt, in der Wettbewerb herrscht, nicht wünschenswert ist, weil es mit relativen Wohlstandsverlusten verbunden ist.
    Ich drücke das anschaulich einmal so aus, wobei Sie bitte nicht schließen wollen, dass ich Ihnen Verständnisdefizite unterstelle. Ich finde die Analogie einfach treffend, auch wenn sie nicht sehr weit trägt:

    In einem System „automobiler Individualverkehr“ ist der gegenüber anderen Autofahrern der Verlierer, der im Leerlauf Gas gibt und so zwar die Drehzahl des Motors erhöht, aber damit nicht vom Fleck kommt.

    Antworten
    • Felix Kurt
      Felix Kurt sagte:

      Ja, kann man so sehen.

      Auf der anderen Seite: Wenn, z.B. wegen nicht voll ausgelasteter Kapazitäten weniger investiert wird – und sei es vorübergehend bis die vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ökonomisch sinnvoll nutzhbar sind – und als Folge den Kapitalgebern das jetzt gerade nicht sinnvoll investierbare Geld (aus Sicht der Unternehmen) zurückgegeben wird, dann kann entweder a) eine sinnvollere Allokation durch die Kapitalgeber erfolgen, was auch gesamtwirtschaftlich c. p. positv und wachstümsfördernd ist (weil ja andere Verwendungsmöglichkeiten druchaus offen stehen, denn diese beschränken sich ja nicht nur auf genau diese Aktien zuück kaufenden Unternehmen), oder b) der Konsum erhöht werden, was auch ein Wachstumsbeitrag ist.

      Warum ein Aktienrückkauf per se immer negativ sein soll und das Wachstum bremst erschließt sich mir nicht.

      Wie ich schon schrieb: Die Analyse von Investitionsquoten (Ersatz-, Erweiterungs- und F&E-Investitionen) könnte mehr Licht ins Dunkel bringen. Den Berg der Unternehmensanleihen sollte man auch noch betrachten.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Ich bin nicht dagegen, dass die Unternehmen den Kapitalgebern etwas zurückgeben – in der Regel müssen sie es ja auch.

        Darum geht es aber nicht bei der Diskussion hier.

        Sondern:

        Wir beobachten, dass der Unternehmenswert nicht organisch wächst, also aufgrund Ertrag bringender Investitionen, sondern durch Aufkauf eigener Aktien.

        Das ist rückwärts- statt vorwärtsgewandt und ein volkswirtschaftliches Problem, weil damit kein zünftiges Wachstum generiert wird – zumindest nicht direkt durch die betreffenden Unternehmen.

        Wenn Anteilseigner das durch Aktienrückkäufe gewachsene Vermögen liquidieren oder einen Teil davon und den Verkaufserlös nachfragewirksam nutzen, ist selbstverständlich ein indirekter positiver Effekt zu verzeichnen.

        Was die alternative Mittelverwendung anlangt, also die Ausschüttung an die Anteilseigner, haben sie natürlich auch recht.

        Allerdings haben nicht alle dies so gern:

        Siehe dazu weiter oben die Aussage von KBX.

  4. Felix Kurt
    Felix Kurt sagte:

    M.A.n. hat KBX Recht. Die Unternehmen klüngeln auch nicht zusammen, um sich unisono für mehr Aktienrückkäufe zu entscheiden. Vielmehr ist es ein rationales Kalkül, für das die Parameter wesentlich durch die Zins- und Geldpolitik gesetzt werden. Es ist eine Reaktion, nicht eine bewusste Entscheidung “zur Unterminierung der eigenen Grundlagen”.

    Wollte man die Investitionsneigung – in neue Kapazitäten (warum jetzt ?) oder für F&E – der Unternehmen sinnvoll beurteilen, sollte noch die Analyse der Investitonsquoten dargestellt werden. Dann wüssten wir mehr.

    Zum letzten Aspekt “lack of new companies coming to the market”: Ich denke, wenn es wieder spannende Unternehmen als IPOs gibt, dann werden die Investoren auch dort wieder zugreifen.

    FRAGE an den Consultant Dr. Stelter: Sind wir also wieder in einer Phase der Unternehmenskonzentration? Später käme dann wieder mal eine Phase/ein Zyklus der Dekonsolidierungen, Abspaltungen und deshalb mehr IPOs (zuletzt Bsp. wie Innogy (RWE), Uniper (E.ON)

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      >M.A.n. hat KBX Recht. Die Unternehmen klüngeln auch nicht zusammen, um sich unisono für mehr Aktienrückkäufe zu entscheiden. Vielmehr ist es ein rationales Kalkül, für das die Parameter wesentlich durch die Zins- und Geldpolitik gesetzt werden. Es ist eine Reaktion, nicht eine bewusste Entscheidung „zur Unterminierung der eigenen Grundlagen“.>

      Das ist auch meine Meinung, wobei ich hinzufügen würde, dass es auch ein RATIONALES Kalkül für die Zins- und Geldpolitik gibt.

      Der Punkt, über den man nachdenken sollte:

      Was kann man tun, wenn die Akteure RATIONAL handeln, OHNE intentional die eigenen Grundlagen unterminieren zu wollen, das SYSTEM aber so beschaffen ist, dass es in Verfolgung von Rationalität die EIGENEN Grundlagen, also die des Systems unterminiert?

      Kann man etwas tun, was nicht unterminierend ist oder muss man die Dinge einfach laufen lassen und sehen, zu was für einem geänderten System sie führen?

      Schlimm genug, wenn die Unternehmen „nur“ ihre eigenen Grundlagen unterminieren würden.

      Hier geht es aber um die des Systems, jedenfalls nach Auffassung von Dr. Stelter.

      Nebenbemerkung:

      Es hat schon etwas, wenn Leute, die Lichtjahre vom Marxschen Denken und seines Verständnisses von Ökonomie entfernt sind, zu einer Aussage kommen, die deckungsgleich mit seiner ist.

      Antworten
      • Felix Kurt
        Felix Kurt sagte:

        Völlig richtig. Es ergibt sich aber nicht klar was genau mit “System” gemeint ist. Das ganze Wirtschafts- und Finanzsystem, ggf. welcher Teil davon? – Dann würde ich klar widersprechen, weil das durch Aktienrückkäufe nicht unterminiert würde. Warum denn genau??

        Wenn mit System die Eigenkapitalfinanzierung der Unternehmen gemeint ist, dann kann man darüber streiten. Aber ich selbst würde auch das nicht so kritisch sehen.

        Diejenigen, die über Aktienkäufe Eigenkapital/Risikokapital zur Verfügung stellen, sollen selber entscheiden, wie sie allokieren! Das Geld steht ja dann auch für andere Unternehmen/eine neue Allokation zur Verfügung. Oder es wird weniger risikoorientiert angelegt, was dann das Gesamtrisiko auch verringern könnte.

        Wenn die (Eigen-)Kaptialgeber zu dem Schluss kämen, das ein Unternehmen wegen Aktienrückkäufen zu risikoreich finanziert ist/zu wenig Eigenkapital hat, dann würde der Aktienkurs auch nicht steigen, sondern er müsste um den Riskoabschlag fallen. Also sind wir wieder bei der Allokationsfunktion der Finanzmärkte und ihrer Eigenschaft als Seismographen für finanzielles Risiko. Die Auswirkungen auf die Einschätzungen von Rating-Agenturen analysieren die Unternehmen ebenfalls nur zu gut.

        Zins- und Geldpolitik beeinflussen nun mal stark die Parameter von Investitionsrechnungen und setzen den Maßstab für die (vermeintlich) risikofreie Alternativanlage. Nichts ohne Nebenwirkungen – Aktienrückkäufe sind derzeit vielleicht eine. Das gehört dann zur Abwägung im Zuge der geldpolitischen Entscheidungen i. S. v. “was ist das kleinere Übel”.

  5. KBX
    KBX sagte:

    In dem Umfeld senken Aktienrückkäufe den WACC und sind auch steuerschonender als Dividenden. Als Aktionär ist mir ein Aktienrückkaufprogramm wesentlich lieber als hohe Dividendenausschüttung.

    Antworten
  6. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    > In der Tat sind stabil hohe Erträge ein Zeichen mangelnden Wettbewerbs. Die Folge sind übrigens auch unzureichende Innovation und Investition. Damit wird dann auch das geringe Produktivitätswachstum erklärt.>

    Ist klar.

    Die Erklärung funktioniert aber auch anders herum:

    Unzureichende Innovationen und Investitionen sind eine Zeichen hoher Erträge. Die Folge ist mangelnder Wettbewerb. Damit wird auch das geringe Produktivitätswachstum erklärt.

    Egal, aus welcher Perspektive man die Situation betrachtet, ob man unzureichende Innovationen und Investitionen als Ursache oder Folge ortet:

    Die Unternehmen wollen oder können ihre Erträge nicht wachstumsorientiert, also wohlstandsfördernd nutzen.

    Das ist fatal und liegt an den Megatrends, auf die hier oft genug verwiesen wurde.

    Daran kann auch die Geld- und Fiskalpolitik nichts Wesentliches ändern.

    Antworten

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Dietmar Tischer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.