Deutschland braucht mehr Zuwanderer

Ohne Zuwanderung wird es nicht gehen. Wobei wir auf qualifizierte Zuwanderung angewiesen sind, die wir nur bei einem gesteuerten Verfahren anziehen können. Wenn wir einfach die Migrationsströme sich selbst organisieren lassen, werden wir jene erreichen, die in anderen Regionen an den Anforderungen scheitern. Wenn Kanada zu hohe Anforderungen an Bildung und Qualifikation stellt, geht der Migrant eben dahin, wo es leichter ist. Damit stoßen wir aber auch mit der Integration an natürliche Grenzen. Man kann nicht aus jedem einen Facharbeiter machen ‒ von Ingenieur gar nicht zu reden. In Deutschland liegen die Leistungen von Migranten-Kindern in den Schulen deutlich unter dem Niveau der einheimischen Kinder, in Kanada jedoch faktisch auf dem gleichem Niveau. Das ist kein Zufall und liegt nicht daran, dass das Niveau in Kanada so tief ist! ‒ sondern daran, dass die Zuwanderer entsprechend selektioniert werden.

Vor Kurzem gab es einen Bericht über die Integration in Deutschland im Fernsehen. Darin wurde eine Afrikanerin gezeigt, die Deutsch lernt, weil sie nur französisch spricht. Wäre es da nicht besser, sie würde Asyl in Frankreich beantragen statt in Deutschland? Besser europäische Integration ist auch hier vonnöten. Doch nun zu dem Beitrag von Henrik Müller zur notwendigen Migration nach Deutschland:

  • “Es ist ein großer historischer Glückfall, dass Deutschland just in dem Moment Menschen in großer Zahl aus dem Ausland anzieht, in dem diese Gesellschaft sie braucht.”
  • “Ab dem kommenden Jahrzehnt, so sagten es frühere Prognosen der Wiesbadener Statistiker wie auch der Uno vorher, wird die Alterung der deutschen Gesellschaft sich rapide beschleunigen. Der Anteil der Personen ab 67 Jahre, in Relation zur Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter, wird sich bis 2060 in etwa verdoppeln. Währenddessen schrumpft die Gesamtbevölkerung um ein Siebtel ‒ 12 Millionen Menschen weniger.”
  • “Zwei mögliche Entwicklungen könnten für eine Aufhellung der Perspektiven sorgen: ein kräftiger Anstieg der Produktivität und eine hohe Zuwanderungsdynamik ‒ idealerweise eine Kombination aus beidem.”
  • “Allerdings ist das Produktivitätswachstum überall in der westlichen Welt quasi zum Erliegen gekommen, sodass die derzeit besten Hoffnungen auf dem Zuzug aus dem Ausland liegen.” ‒ bto: Ich habe hier oftmals auf diesen Aspekt hingewiesen.
  • “Seit 2012 ist der Zuzug so groß, dass er in etwa den Idealvorstellungen der Bevölkerungsforscher entspricht. Zwischen 350.000 und 530.000 Personen müssten pro Jahr mehr nach Deutschland ein- als auswandern. Dann bliebe die Erwerbsbevölkerung auf lange Sicht in etwa konstant.”
  • “Eine derart hohe Zuwanderungsdynamik würden sich zu einem Nettozuzug von 12,5 bis 18,5 Millionen Menschen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts summieren.”
  • “Sie werden von dort kommen, wo das Bevölkerungswachstum noch hoch ist: insbesondere aus Afrika südlich der Sahara sowie aus Indien und Pakistan. Weltgegenden, wo die Bevölkerung noch rapide wächst ‒ und wo die Verteilungskämpfe entsprechend hart sind.”
  • “Im Interesse der Neuankömmlinge wie in deutschem Eigeninteresse ist ein massiver Ausbau der Integrationsinfrastruktur erforderlich: von den Kinderkrippen über Sonderprogrammen in Schulen bis hin zu Betrieben und Universitäten. Nur wenn es gelingt, den Immigranten von Anfang an die Möglichkeit zu bieten, sich hierzulande als willkommene Neubürger zu fühlen, lassen sich Probleme in Chancen verwandeln.” ‒ bto: stimmt. Dennoch sollten wir proaktiv die Zuwanderung steuern, um einen größeren Anteil an qualifizierten bzw. qualifizierbaren Einwanderern zu bekommen.

Deshalb: Deutschland braucht nicht mehr Flüchtlinge, sondern mehr Zuwanderer.

SPIEGEL ONLINE: Deutschland braucht Flüchtlinge, 27. April 2015