“Das System kann rasch unter Stress geraten”

Am Dienstag letzter Woche haben wir die erheblichen Risiken aus dem weltweiten Derivatemarkt diskutiert. Doch damit nicht genug. In einem sehr lesenswerten Interview mit Finanzprofessorin Anat Admati mit der FINANZ und WIRTSCHAFT werden die immer noch erheblichen Risiken im Bankensystem in Erinnerung gerufen:

  • Das Finanzsystem kann auch heute rasch unter Stress geraten. (…) Klar ist aber, dass im globalen Finanzsystem massenweise schlechte Kredite lagern. Die nächste Krise kann daher aus einem Bereich kommen, an den wir derzeit gar nicht denken.“ – bto: zum Beispiel aus den Derivaten im Volumen von 600 Billionen US-Dollar.
  • Möglich ist ein Schock aus China. Zudem gibt es erhebliche Risiken, was Cyberattacken betrifft. Die Banken wollen uns Glauben machen, dass sie gegen Hackerangriffe gewappnet sind. (…) Der Finanzsektor ist global vernetzt, weshalb es im Kampf gegen Internetverbrechen internationale Zusammenarbeit braucht.” – bto: Das ist aus meiner Sicht leider nicht abzusehen.
  • Weil das System so fragil und intransparent ist, braucht es wenig, um eine Krise auszulösen. Viele Banken sind nach wie vor schwer verschuldet, und es stehen enorme Volumen an Derivaten mit versteckten Verpflichtungen aus, die sich unter Stress schwierig entflechten lassen.“ – bto: wie am Dienstag gesehen.
  • Den Zahlen, die man uns präsentiert, traue ich nicht. (…) Das Gewichten von Risiken ist problematisch, weil die Banken sie mit internen Modellen, geschönten Kreditratings und Positionen außerhalb der Bilanz manipulieren können. Zudem werden Anreize verzerrt. In Europa etwa stuften die Regulatoren Kredite an Griechenland als risikolos ein.“ – bto: Deshalb kaufe ich keine Bankaktien.
  • Wie viel Eigenkapital sollten Banken halten? 
(…) Ich denke an 20 % bis 30 %, was in den meisten anderen Branchen das Minimum ist. Dass sich die Banken so vehement gegen strengere Eigenkapitalauflagen wehren, ist ein Zeichen ihrer Schwäche. So verhalten sich typischerweise Zombie-Unternehmen, die sich am Rand des Konkurses bewegen oder bereits insolvent sind.“ – bto: BINGO. Zombies.
  • Auflagen zum Eigenkapital schreiben den Banken nicht vor, was sie mit ihrem Geld machen müssen. Sie bestimmen nur, wie groß der Anteil ihres Geschäfts sein darf, der fremdfinanziert ist. Wem sie Kredit geben, entscheiden sie selbst. Auch schütten sie Dividenden aus und sind in allen möglichen Bereichen aktiv.“ – bto: was auch das ZEW in seiner Studie kritisiert.
  • Genauso hat es weitreichende Konsequenzen, wenn eine Grossbank einen Unfall verursacht. Das gilt speziell für systemrelevante Institute wie J. Morgan oder Deutsche Bank, die rund um den Globus bedeutende Geschäfte unterhalten. Ihre exzessive Verschuldung exponiert uns alle Risiken und Kosten, die vollkommen unnötig sind.“ – bto: Ja, wo liegt der gesamtgesellschaftliche Nutzen?
  • Trotz Dodd-Frank rechnen Großbanken weiterhin damit, dass der Staat einspringt, wenn sie ins Wanken geraten und signifikanten Schaden in der Wirtschaft anrichten könnten.“ – bto: zu Recht! In Europa auch.
  • Ironisch ist, dass gerade Deutschland die beabsichtigte Lockerung in den USA bemängelt. Bei der Ausarbeitung internationaler Finanzregelwerke wie Basel III waren Staaten wie Deutschland und Frankreich bremsende Kräfte. Dass jetzt ausgerechnet in Europa Kritik laut wird, zeigt, wie verfahren die Situation ist.“ – bto: ja. Deutschland ist ein erheblicher Bremser bei dem Thema.
  • In der Eurozone gibt es nach wie vor erhebliche Gefahren, speziell mit italienischen Banken. Erschwerend hinzu ist die Komplexität der Konzernstrukturen. (…) Zudem zweifle ich daran, dass Instrumente wie Coco funktionieren. Solche Pflichtwandelanleihen sind zwar etwas besser als kurzfristige Schulden, aber noch lange keine solide Lösung.“ – bto: Es wird immer wieder staatliche Rettungen geben.
  • Generell halte ich aber alle Institute für problematisch, die ein ausgeprägtes Geschäft mit Derivaten unterhalten. Das, weil sich in diesem Markt so viele Risiken verstecken.“ – bto: Das kann man nach dem Beitrag vom Dienstag gut verstehen!

 

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: “Das System kann rasch unter Stress geraten”, 15. Februar 2017