«Das internationale Geldsystem ist ohne Anker»

Eigentlich wollte ich eine kleine Pause in dieser Woche einlegen. Doch da ich ein großer Anhänger von William White bin, der ‒ wie regelmässig betont ‒ die Krise richtig vorhergesagt hat, möchte ich auf sein aktuelles Interview mit der FINANZ und WIRTSCHAFT anlässlich der Einführung von Negativzinsen in der Schweiz hinweisen. Wie immer die Highlights:

  • “Ich nehme auch an, dass die SNB noch mehr Ärger am Horizont sieht: die Möglichkeit einer quantitativen Lockerung, Quantitative Easing, in Europa. Die SNB versucht die Banken zu überzeugen, nicht noch mehr Kapital in den Franken fliessen zu lassen. Und sie will die Banken dazu bringen, ihre längerfristigen Positionen in Franken abzubauen.”
  • “Der Übertragungsmechanismus ist weniger wichtig als das Signal der SNB: Sie teilt dem Markt mit, dass sie alles tun wird, was notwendig ist, um den Franken auf dem aktuellen Niveau zu halten. (…). Die Hoffnung ist, dass alle Spekulanten, die auf einen starken Franken setzen, eingeschüchtert werden: Die SNB wird alles Notwendige tun, also werde ich vom Franken fernbleiben. Diese Strategie war bisher erfolgreich.”
  • “Selbst der Internationale Währungsfonds sagte 2012, dass – wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden – Kapitalkontrollen in Ordnung sind. Sie nennen es nicht Kapitalkontrollen, sondern sprechen euphemistisch von der Steuerung des Kapitalflusses.”
  • “Die Zero Lower Bound könnte die Quantenmechanik der Geldpolitik sein. Die Dinge funktionieren nicht wie gewöhnlich. Wer das trotzdem denkt, der könnte einen sehr gefährlichen Fehler begehen.”
  • “Momentan leben wir einem internationalen Geld-Nicht-System. Niemand muss irgendwelche Regeln befolgen. Jeder Staat tut das, was seiner Meinung nach in seinem kurzfristigen Interesse liegt. Die wahre Schwierigkeit ist: Was im kurzfristigen Interesse eines Staates liegt – beispielsweise einer ultralockeren Geldpolitik zu folgen –, könnte zu Problemen führen. Es könnte nicht im langfristigen Interesse liegen. Und wenn die lockere Geldpolitik den Wechselkurs beeinflusst, wirkt sie auch auf andere Länder. Fast jedes Land der Welt setzt auf lockerere Geldpolitik: Wir haben schlichtweg keine Ahnung, wie das enden wird.
  • “Die Idee, dass alle Länder in ihrem eigenen Interesse handeln sollen, man nur die Wechselkurse frei schwanken lassen muss, und das ganze System wäre dann in Ordnung – das ist eine gefährliche Illusion.”

FINANZ und WIRTSCHAFT: «Das internationale Geldsystem ist ohne Anker», 19. Dezember 2014

Kommentare (0) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.