„BIZ: Schwache Banken schaden der Wirtschaft“

Bekanntlich teile ich die grundlegende Kritik der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich an der Geld- und Wirtschaftspolitik, die uns immer tiefer in die Krise treibt. Zugleich bin ich begeisterter Leser der FINANZ und WIRTSCHAFT, die auch in diesem Fall die Aussagen hervorragend zusammenfasst. Was mir bei der Diskussion auffällt wie immer als Kommentar. Diesmal: Versteht die BIZ wie Banken funktionieren? Und: Wie passen die Aussagen zum Grundproblem der Überschuldung? Doch nun zum Inhalt:

  • „‚Je mehr Kapital eine Bank hat, desto mehr eigene Mittel kann sie ausleihen, erklärte Hyun Song Shin heute Donnerstag in einer Rede in Frankfurt. Er ist Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Shin plädiert an die Zentralbanken, für gut kapitalisierte Banken zu sorgen. Nicht nur wegen der Finanzstabilität. Sondern ebenso, damit die Kreditvergabe – und damit die Geldpolitik – auch in schlechten Zeiten noch funktioniert.“ – bto: Woran liegt das? Nun, wohl daran, dass Banken ja nicht Geld verleihen, welches sie zuvor von anderen bekommen, sondern dieses Geld selbst produzieren. Dazu brauchen sie Eigenkapital, denn nur so können sie eventuelle Verluste decken. Sie riskieren ja letztlich ihre Existenz (so zumindest im idealen Modell einer Wirtschaft, wo Banken damit rechnen müssen, Pleite zu gehen.)
  • Mehr Eigenkapital erhöht nicht nur die Mittel, die verliehen werden können. ‚Eine Bank mit vielen eigenen Mitteln kann mehr von ihren Gläubigern ausleihen‘, sagt Shin. Und dies auch noch zu viel besseren Konditionen.“ – bto: Der geringste Teil muss zuvor geliehen werden. Hier geht es um die spätere Refinanzierung der vergebenen Kredite. Schlechtere Banken stehen damit im Wettbewerb mit besseren Banken. Also ist es eine Verteilungsfrage im Bankensektor! „Gute Banken gewinnen leichter das selber geschaffene Geld zurück als schlechtere! Damit stimmt dieses Chart der BIZ natürlich, aber die Schlussfolgerung ist nicht unbedingt dieselbe!

Quelle: L. Gambacorta und H.S. Shin (2016): «Why bank capital matters for monetary policy» (BIS Working Paper 558) 

  • „Und je geringer die Verschuldung, desto mehr Fremdkapital konnte von den Banken aufgenommen werden. Gläubiger geben ihr Geld also tatsächlich lieber einer Bank, die viel Eigenkapital aufweist. Zwischen der Verschuldung und dem Wachstum des Fremdkapitals gibt es einen negativen Zusammenhang.“ – bto: Noch mal, natürlich legen die Empfänger des neu geschaffenen Geldes dieses lieber bei sichereren Banken an. Damit ist aber nicht erklärt, weshalb Banken weniger Kredite vergeben, weil es sich erst in der zweiten Runde niederschlägt. Das Problem sind die schlechten Aussichten der Schuldner UND natürlich, dass einzelne Banken nicht mehr können, weil ihr Eigenkapital zu gering ist. Dies liegt aber an den vorangegangenen Krediten.

Quelle: BIS

  • „Und wer mehr Fremd- und Eigenkapital hat, der kann natürlich auch mehr Kredite vergeben. Eine höhere Verschuldung geht mit einem geringeren Kreditwachstum einher.“ – bto: völlig einleuchtend. Warum? Weil die Bank bei ihrer Geldproduktion immer darauf achten muss, dass sie das gegen gute Sicherheiten macht und zugleich Eigenkapital hat, um die erwarteten Ausfälle in schlechten Zeiten zu decken. Genügt das EK nicht mehr, kann sie es nicht mehr machen. Vor allem, wenn sie zusätzlich damit rechnen muss, dass es keine weitere Rettung gibt, die zudem auch das Management rettet!

Quelle: BIS

  • „Der BIZ-Ökonom erklärt: ‚Sobald die Wirtschaftsbedingungen weniger gut für die Verschuldung werden, wird die Bank ihre Kreditvergabe schrumpfen – mit sehr schlechten Konsequenzen für die Realwirtschaft.‘“ – bto: Die Bank of England hat das vor einem Jahr auch gezeigt. Die Neigung der Banken, neues Geld zu produzieren, ist immer dann am größten, wenn Sicherheiten und Wirtschaftsaussichten sehr gut sind. Damit ist es inhärent ein pro-zyklisches Geschäft. Das höhere EK ist hier nur ein Nebenfaktor.
  • „Trotz globaler Finanz- und Eurokrise haben europäische Banken ihren Gewinn von 2007 bis 2016 nur zu weniger als 60% zur Stärkung ihres Eigenkapitals verwendet. 261 Mrd. € des Gewinns wurden zurückbehalten (Retained Earnings) – aber immerhin fast 200 Mrd. € wurden an die Aktionäre ausgeschüttet. Die Dividendenpolitik ging zulasten der Realwirtschaft. ‚Banken haben erhebliche Dividenden ausgezahlt‘, beobachtet Shin, ‚selbst in Regionen, in denen die Kreditvergabe nicht ausreicht, um die konjunkturelle Erholung zu stützen.‘“ – bto: Welche Regionen sind es denn? Die, wo die Verschuldung der Realwirtschaft schon zu hoch ist! Wo die Qualität der Bankenforderungen entsprechend schlecht ist! Natürlich hätten die Banken ihr EK stärken müssen, um die Verluste abzudecken und aus dem faktischen Zustand der Insolvenz zu entkommen. Nur dürfen sie das nicht offen sagen! Denn dann würde niemand, der denken kann, ihnen noch Geld geben. Also machen sie 60/40 und geben die Illusion, es wäre eine gute Idee Bankaktien zu haben. Was es natürlich nicht ist!!!
  • „Er sieht die Gründe, warum lieber Gewinn ausgeschüttet als Kapital aufgebaut wird, bei Aktionären wie auch Managern:
    • Notiert der Kurs der Aktie unter dem Buchwert, könnten Aktionäre das Gefühl haben, mit einer Dividende mehr Wert zu realisieren. Viele Bankaktionäre seien Fondsmanager, die zuerst auf die kurzfristige Performance achten würden.
    • Das Bankmanagement kann leichter seine Ziele für die Eigenkapitalrendite (Return on Equity) erfüllen, indem das Eigenkapital abgebaut wird.“ – bto: Ja, spielt rein. Der wahre Grund ist aber, dass die Banken so tun müssen, als wären sie keine Zombies!
  • „Die Finanz- und die Eurokrise haben gezeigt, dass die Finanzindustrie viel zu prozyklisch handelt. In guten Zeiten werden unvernünftige Kredite vergeben. In schlechten Zeiten haben selbst gute Kreditnehmer Probleme, an Geld zu kommen. Die Zentralbanken können mit lockerer Geldpolitik die Konjunktur stimulieren, wenn die Banken das Geld auch in die Realwirtschaft bringen. Die Studie der BIZ zeigt, dass höhere Eigenkapitalanforderungen die Realwirtschaft langfristig nicht belasten. Stabile Banken und eine stabile Kreditvergabe sind notwendig für eine nachhaltige Erholung.

Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Zunächst müssen doch die faulen Schulden bereinigt werden – wie die BIZ sonst immer betont –, bis wir mit mehr Kredit, mehr Wachstum erzeugen! Das Problem sind doch die vielen unproduktiven Kredite, die zu erheblichen Verlusten geführt haben.

Interessant ist zudem, dass die BIZ davon ausgeht, dass die Banken erst Geld einsammeln müssen, um Kredite zu vergeben. Bekanntlich ist es umgekehrt.

FINANZ und WIRTSCHAFT: „BIZ: Schwache Banken schaden der Wirtschaft“, 7. April 2016