„Aufschwung ohne Ende oder Game over?“

Ich gestehe: Ich habe sie alle gelesen und sie sind immer noch in meinem Besitz: „Cash – Strategie gegen den Crash“ oder „Der Kapitalismus – ein System das funktioniert“. Natürlich auch „Wann kommt der Staatsbankrott“ und „Aufschwung ohne Ende“. DIE Krisenbestseller der 1980er Jahre, richtig in der Analyse, nicht so richtig im Timing. Einfach, weil Paul C. Martin genauso wie viele andere – ich auf jeden Fall – unterschätzt hat, wie weit man es im System treiben kann und wird. Und wir sind immer noch nicht am Ende, kommen doch Negativzins, Bargeldverbot und Helikopter-Geld.

Thomas Strobl erging es wohl wie mir, weshalb er im Jahre 2009 mit dem „Meister“ gesprochen hat. Nun, wo wir sieben Jahre und geschätzte 60 Billionen US-Dollar Schulden in der Welt „weiter“ sind, ein interessanter Blick auf die Argumentation:

  • „Die Essenz des Kapitalismus ist der Kredit. Finden sich genügend Kreditgeber und in entsprechender Höhe Schuldner, funktioniert das System auf der ersten Stufe. Da die Kreditnehmer Zinsen schuldig sind und überdies Gewinne realisieren wollen, bedarf es ab der zweiten Stufe zusätzlicher Kreditgeber bzw. -nehmer, da die von den Unternehmen ausgezahlten Faktorkosten nicht ausreichen, um die Märkte zu räumen. Diese zeitlich späteren ‚Nachschuldner‘ müssen die zu zahlenden Zinsen bzw. zu realisierenden Gewinne finanzieren – und so immer weiter. Damit ist der Kapitalismus ein Kettenbrief. Fallen die erforderlichen Nachschuldner aus, kommt es auf den zeitlich vorgelagerten Stufen zu Krisen und Kollaps.“ bto: Dahinter steht auch die Lehre der Eigentumsökonomik von Gunnar Heinsohn, siehe Serie auf bto. Ich finde diesen Gedanken essenziell und noch nicht widerlegt. 
  • „Wer ist Ihrer Meinung nach dann schuld, an der aktuellen Krise?  Erstens die fehlenden Nachschuldner: Hätte eine weitere Million mexikanischer Wanderarbeiter US-Häuser gekauft, wären die Preise weiter gestiegen und die Krise wäre noch nicht ausgebrochen. Zweitens die Refinanzierung der heute langlaufenden sogenannten „toxischen“ Papiere mit Hilfe kurzfristiger Commercial Papers. Dieses „Aus-kurz-mach-lang“ musste über kurz oder lang scheitern.“ – bto: Dann kam zumindest auf die Weltbühne der Nachschuldner: China. Und wie! Und wer ist jetzt der nächste Schuldner? Wohl die Staaten mit gigantischen Konjunkturprogrammen.
  • „Dass die Aufsicht nicht nur lax, sondern überhaupt nicht vorhanden war, kommt ebenso dazu wie die Tatsache, dass die Greenspansche Geldpolitik nach dem Platzen der dot.com-Blase eine fast kostenfreie Einladungskarte zum zusätzlichen Schuldenmachen darstellte. Dabei dachten die Käufer, ewig steigende Hauspreise würden die Immobilien quasi „von selbst“ finanzieren.“ – bto: Es war doch gewünscht, weil es den Druck im System reduziert, da neue Schuldner leichter gefunden werden.
  • Der Kapitalismus ist ein Staatsbastard. Er besichert mit eingesetzter bzw. angedrohter Waffengewalt das Kapital als privates Eigentum und sorgt für die Erfüllung privater Kontrakte. Beides ist ohne Staatsmacht nicht definierbar.“ – bto: Das ist ein entscheidender Punkt. Nur wenn die Titel vollstreckbar sind, entfalten sie den gewünschten Druck wie in der Eigentumsökonomik erläutert.
  • „Können dann Staaten wie die USA, Japan oder Deutschland überhaupt bankrottgehen? Ja. Entweder durch Repudiation von Staatstiteln oder spätestens, sobald die Zinsen auf die aufgelaufenen Staatsschulden das laufende frei verfügbare Steueraufkommen übersteigen.“ – bto: Was man sich nicht vorstellen konnte 2009: Wir zahlen dem Staat Geld dafür, dass er sich bei uns Geld leiht. So gesehen kann es natürlich ewig weiter gehen … Je mehr Schulden der Staat hat, desto größer ist sein Zinsgewinn. Interessanter Gedanke. Zeigt, wie weit es schon getrieben wurde.
  • Es gibt keine „objektive“ Grenze, bestenfalls eine psychologische. Die ist erreicht, sobald die Bürger merken, dass die Staatsschulden nicht mehr zurückgeführt werden können und sich von der Idee verabschieden, dass der Staat als Nachschuldner-Krisen in den „Griff“ kriegen könnte. Schulden lassen sich nicht mit noch höheren Schulden tilgen.“ – bto: Heute haben wir akzeptiert, dass der Staat nie pleitegeht, weil die Notenbank ihn finanzieren wird.
  • Ich rechne damit, dass diesmal der Markt mit Verbrauchern und Produzenten die Dinge in die Hand nimmt. Falls wir eine Inflation erleben, muss sie vom Verbraucher ausgehen, der das gute alte Schuldenmachen via Kreditkarten wiederentdeckt. (…). Einen argentinischen Haircut halte ich für ausgeschlossen.“ – bto: Letzteres wäre der Schuldenschnitt, ist aber politisch schwer. Inflation bekommen wir meines Erachtens nur bei Vertrauensverlust.
  • Natürlich ist Bernanke Inflationist. Dies hat er in diversen Vorträgen deutlich gemacht. Den Titel „Helikopter-Ben“, als jemand, der Bares aus seiner „Printing press“ über die Lande streut, verdient man sich nicht so mir nichts, dir nichts.“ – bto: Erfolg hatte er nur in den Assetmärkten. Bis jetzt.
  • Sein Szenario: „Aufschwung ohne Ende, sofern die weltweiten Uneinbringlichkeiten sämtlich auf den Staat gebucht werden, alternativ: Bankenverstaatlichung. Game over, sobald der Schwindel mit der Staatsverschuldung durchschaut ist.“ – bto: Wie wäre es mit Verstaatlichung der faulen Schulden, danach Abschreibung aller Schulden des Staates über die Notenbankbilanz?

Im Kern hat Paul C. Martin recht: Es wird so lange weitergetrieben, bis es gar nicht mehr geht. Doch dank der Akzeptanz für das Handeln der Notenbanken kann das weit länger gehen, als wir denken. Was aber nicht bedeutet, dass die Realwirtschaft sich erholt!

→ F.A.Z., Blogs: „Aufschwung ohne Ende oder Game over?“, 6. Juni 2009

Kommentare (24) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Axel3
    Axel3 sagte:

    Axel3
    Ist alles sehr kompliziert und vieles greift inneinander. Vielleicht ist ja auch eine Wirtschaft ohne Geldneuschöpfung, z.b. bei fester Goldmenge denkbar und durch Neuproduktion von Waren wird das vorhandene Gold eben auf die Güter umgerechnet und das Wirtschaftssystem ist dann per se Deflationär? (Nur ein Gedankenspiel)

    An Michael Stöcker: Auch bei einem Kredit wird kein neues Geld geschöpft (z.b Haus). Nur ist auf der Zeitachse der normale Prozess, erst sparen, dann (bar) bezahlen umgedreht in erst bezahlen, dann sparen (Raten zurückzahlen). Der Prozess der Fiatschöpfung wird durch die Rückzahlung eleminiert und es bleibt demnach nur der Zins, der Preis fürs Geld übrig. Aber haben nicht ALLE Waren einen Preis und nicht nur Geld? Und wird nicht auf jede andere x-beliebige Ware ein Betrag, der höher ist als die Produktionskosten (Firmengewinn) draufgeschlagen und somit auch Geld aus dem Nichts geschaffen?

    Antworten
  2. Adept
    Adept sagte:

    Das Finale wird mit der Diktatur der Demokratie eingeleitet. Der Berliner Bundestag ist ja schon
    vereinheitlicht, die Gesetze aus Brüssel und die Berliner Vollzugsbeamten der Amerikaner schaffen das schon.
    Der Staat als Räuber ist schon lange erlebte Realität.
    Nicht zufällig wird an Deutschen Theatern nicht mehr Schillers Räuber aufgeführt – und auch nicht Biedermann und die Brandstifter.
    Prof. Schachtschneiders Versuch, die juristische Rechtfertigung der gegenwärtigen Politik an den Pranger zu stellen, ist gescheitert. Unser uns feindlich gesonnener Voßkuhle, seines Zeichens Präsident des sogenannten Verfassungsgericht, läßt Gerechtigkeit schon gar nicht zur Verhandlung zu. Basta.
    Wenn sich das Volk nicht wehrt, soll es halt untergehen.
    Das Volk ist mit Sex und Kommerz beschäftigt, was interessiert da die Wirklichkeit.
    Und die Intellektuellen in meinem Umkreis sind keinen Pfifferling aufgeklärter als die Putzfrau von neben an.

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Die Diskussion ist zu oberflächlich.

    Es muss unterschieden werden zwischen

    a) ist kapitalistisches Wirtschaften ohne fortwährende Kreditausreichung grundsätzlich möglich oder nicht möglich?

    und

    b) ist es in der Form, in der es gegenwärtig betrieben wird bzw. betrieben werden muss, ohne fortwährende Kreditgewährung nicht möglich?

    Für die Aussage „Die Essenz des Kapitalismus ist der Kredit“ müsste nachgewiesen werden, dass für a) gilt: Das kapitalistische Wirtschaften ist ohne fortwährende Kreditgewährung grundsätzlich nicht möglich. Ich kenne keine Studie, die das nachgewiesen hätte.

    Selbst wenn es der fortwährenden Kreditgewährung bedarf, muss es noch lange kein Kettenbrief sein, nämlich dann nicht, wenn das Wirtschaftswachstum so groß ist, dass Zinsen samt Schulden bezahlt werden können.

    Nur zur Erinnerung:

    Nach WWII hatte der amerikanische Staat einen riesigen Schuldenberg. Er konnte nicht nur bedient, sondern sogar abgebaut werden aufgrund des enormen Wirtschaftswachstums, das der Nachfrage nach langlebigen Wirtschaftsgütern, insbesondere Automobile und große Haushaltgeräte (Kühlschränke, Waschmaschinen etc.) geschuldet war.

    Das ist Empirie, selbstverständlich unter besonderen Umständen.

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  4. Axel2
    Axel2 sagte:

    Hallo Hr. Stelter
    Die Entschuldung der Staatsanleihen über die EZB oder die Fälligkeit im Unendlichen erzeugen den Eindruck, daß man sich elegant aus der Affäre ziehen kann. Was würde aber danach passieren, wenn bei den Politikern der Groschen fällt, daß man nicht Pleite gehen kann, wenn man nur tief genug im Schlamassel steckt.? Würden sich die Politiker nicht gegenseitig mit Geschenken für die Industrie, die Banken und die Bevölkerung übertrumpfen, um Wahlen zu gewinnen? Selbst die absurdesten Forderungen (Grundeinkommen von 2.5000,- Euro o.ä.) können nicht mehr mit dem Argument: “nicht bezahlbar” abgewiesen werden!
    Was einmal geht, geht auch zweimal.
    Der Staat könnte als Souverän doch einfach das Geld, welches gebraucht wird (Investitionen, Beamtengehälter…) aus dem Nichts schöpfen, ohne dafür Schulden aufzunehmen und das Schuldgeldsystem erst auf der Bankenebene wirksam werden lassen. Leider hab ich noch kein Artikel (auf Deutsch) gefunden, der mir erklärt, weshalb der Staat Schulden aufnehmen muß.
    Meine persönliche Erklärung dafür ist, (außer das die Banken daran verdienen) daß über die Schulden eine Bremse ins Geldsystem eingebaut wurde, um die Gier der regierenden Kaste im Zaum zu halten, sich selbst die Taschen vollzustopfen, bzw. durch zuviel gedankenloser Geldschöpfung einer Entwertung (Inflation) vorzubeugen. Die Abschreibung von Staatsanleihen durch die EZB würde aber genau diesen kontrollierenden Mechanismus außer Gefecht setzen und die Währung zerstören. Oder?

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Genau hierin liegt die Gefahr. Sobald das Wachstum des Geldes nicht beschränkt ist, haben wir es mit einer fortlaufenden deutlichen Entwertung zu tun. Natürlich könnte die ZB den Staat laufend zu einem bestimmten Prozentsatz direkt finanzieren ohne Umweg über die Banken. Damit hätten wir eine konstante Mehrnachfrage, eine gewisse Inflation und letztlich weniger private Geldschöpfungsgewinne. Wäre es glaubhaft begrenzt, dürfte es sogar funktionieren. Nur wäre es das in der Praxis wohl nicht!

      Antworten
    • Katalin
      Katalin sagte:

      Hallo,

      “Leider hab ich noch kein Artikel (auf Deutsch) gefunden, der mir erklärt, weshalb der Staat Schulden aufnehmen muß”

      Der Staat muß Schulden aufnehmen, da er nicht bereit oder in der Lage ist,
      die Fehlerhaftigkeit des Marktes auf kurze Sicht (in alle westeurop. Staaten können 30% der Bevölkerung von dem was sie verdienen nicht leben- oder meinen sie 8,50 Euro/Stunde reichen furs überleben in BRD aus.) durch Steuern angemessen zu korrigieren. Da ihm das Geld dann fehlt, für z.B. Sozialhilfe usw. (ca 900,- Euro im Monat inkl. Wohnung – meinen Sie das ist zu viel) muss er bei dennen, die er nicht richtig besteuern konnte oder dürfe Schulden machen, denn Sie brauchen es ja nicht, sie haben ohnehin zu viel und wenn sich keiner bei diesen Leuten verschuldet wird deren Vermögen wertlos. Seien sie froh, dass der Staat Schulden macht, den ansonsten wären wir alle ärmer, oder das ganze System würde sofort zusammenbrechen.

      Gruß

      Antworten
      • Axel2
        Axel2 sagte:

        Hallo Katalin, Hallo Hr. Stöcker

        Es ist mir schon klar, weßhalb die Staaten Schulden machen müßen. Meine Frage bezog sich jedoch auf den Geldschöpfungsprozeß! Warum müßen Staaten Schulden machen, um Geld zu verteilen (Schuldgeldsystem), wo sie doch als Souverän Geld drucken könnten ohne daß die Bevölkerung dafür mit Steuerabgaben bezahlen muß? Meine Vermutung ist in meinem Kommentar enthalten. Ich habe jedoch bisher in keinem Finanzbuch die genauen theoretischen Hintergründe finden können, sondern nur Geldhistorische Abriße über die Zentralbanken (Bank of Sweden, Bank of England…).

  5. Axel1
    Axel1 sagte:

    Hallo Hr. Stelter
    Ist das Modell mit der zwangsläufigen Nachverschuldung nicht etwas zu einfach und gilt nur für die erste Phase der Geldschöpfung? Wenn ich meinem Bruder 10,- Eruro leihe und er mir dafür 11,- Euro zurückbezahlen muß, wird ja auch kein neues Geld geschaffen, sondern lediglich umverteilt und er kann von seinem Gehalt bloß 1,- Euro weniger zurücklegen. Und letztlich ist es doch unerheblich, ob ich jemandem Geld leihe oder die Bank!

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Das stimmt nur, wenn Ihr Bruder einen Schatz im Keller hat oder von jemand anderem Einkommen bezieht. Wenn wir ein Modell annehmen von zwei Sektoren in einer Volkswirtschaft, Unternehmen und private Haushalte, können die privaten Haushalte in Summe nur alles kaufen, was die Unternehmen herstellen, und zwar in Summe für die Summe ihrer Einkünfte. Muss nun aber mehr verdient werden, wegen der Zinsen, muss die Nachfrage höher liegen als nur die Einkommen, deshalb mehr Schulden. Natürlich sind Zinsen auch Einkommen, doch diese kommen mit Zeitverzug. Aus diesem Zeitverzug heraus, ergibt sich ein erforderliches Schuldenwachstum in Höhe der Zinsen auf die ausstehende Schuld. Deshalb genügt Umverteilung eigentlich nicht.

      Antworten
      • Katalin
        Katalin sagte:

        Hallo,

        in diesem kleinem Text steht die Antwort auf meine Frage und Antwort auf alle anderen Fragen auch, bezüglich des Kapitalismus, der Finanzkrisen, Geldsystems usw.

        Das eigene Sparen (also mehr produzieren als verbrauchen=Überschuss oder Vermögensaufbau) setzt zwangsläufig Schulden der anderen voraus.
        Und ohne Zinsen (in monetären Geldsystemen heißt das Kreditausweitung) können Sie und Ihr Bruder ihr Vermögen nicht steigern. Einer kann zwar auf Kosten des anderen sein Vermögen steigern (wie aktuell BRD auf Kosten von Südeuropa) aber ohne Wachstum/Zinsen können beide nicht gleichzeitig mehr Vermögen anhäufen.

        Gruß

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        Liebe Katalin,

        Ihre Erkenntnis ist einem falschen Zinsverständnis geschuldet. Zinsen haben die Funktion, das Ausfallrisiko eines Kredits zu kompensieren, nicht aber die Zinsfantasien, die aus einem falschen IS-LM-Modell abgeleitet werden (siehe hierzu auch meine Antwort an Johannes: https://zinsfehler.wordpress.com/2013/10/21/die-finale-katastrophe-ruckt-immer-naher-hier-die-neuesten-einschlage/comment-page-1/#comment-426 . Weil wir aber mit einem fehlerhaften Zinsparadigma durch die Welt irren, brauchen wir diese zusätzliche Aufschuldung; insbesondere dann, wenn solche Einkünfte auch noch steuerlich privilegiert werden.

        LG Michael Stöcker

      • Finanzanwalt
        Finanzanwalt sagte:

        @ Stöcker

        “Zinsen haben die Funktion, das Ausfallrisiko eines Kredits zu kompensieren”.

        Nur? Sind nicht die Kosten (z. B. Gehälter der noch verbliebenen Mitarbeiter) Kalkulationsbestandteil, wie der Profit (damit mehr Kredite ausgelegt werden können und Freude aufkommt) und der “Über – Profit” (der Treibstoff, der die Inflation bei den “Assets” befeuert und den Graben zwischen dem 1 % und den übrigen 99 % immer breiter werden lässt)?

        Wenn man als “Kreditwirtschaft” aus “dem Nichts” Geld erzeugen darf (muss?), weil nur (?) so (?) das System in Gang bleibt (funktioniert es?), – warum dürfen sich einige an diesem Privileg “überbereichern”? Und, wenn sie es nicht täten, funktionierte das System dann besser?

        Muss “am Ende” bei einer Investition deren Erfolg immer in Geld zu messen sein? Gibt es nicht ein anderes Wertesystem, das ohne “ständiges Kreditwachstum” auskäme? Bei einer Währung “Bewunderung, Dankbarkeit, Achtung” gäbe es keine Überrenditen, die woanders im System fehlen und von den Steuerzahlern/Sparern finanziert werden müssen, an denen sie vorbeigehen.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Finanzanwalt

        Sie haben selbstverständlich recht; habe ich hier und an anderer Stelle auch immer wieder betont. Aber es fehlt leider immer mal wieder die Zeit, in kurzen Antworten alle Aspekte umfassend zu erläutern. Die fehlerhaften Vorstellungen über die Funktion des Zinses waren der zentrale Anlass für mich, einen eigenen Blog hierzu zu starten. Der erste Beitrag trug von daher auch den Titel „Zinsmythen“: https://zinsfehler.wordpress.com/2013/08/21/zinsmythen/

        „Bei einer Währung „Bewunderung, Dankbarkeit, Achtung“ gäbe es keine Überrenditen, die woanders im System fehlen und von den Steuerzahlern/Sparern finanziert werden müssen, an denen sie vorbeigehen.“

        Diese Währung ist/wäre der soziale Kitt einer Gesellschaft; damit ist allerdings noch nicht gesagt, was denn nun bewundernswert ist. Aber ich weiß, worauf Sie hinaus wollen und bin da ganz auf Ihrer Seite. Aber: Geld ist eine soziale Errungenschaft, die hochkomplexe Gesellschaften überhaupt erst ermöglicht. Nur weil es kriminelle Aktivitäten im Internet gibt, verbieten wir es nicht gleich in Gänze und ersetzen es durch „Bewunderung, Dankbarkeit, Achtung“, via Staatsfernsehen.

        Wir müssen den parasitären Missbrauch durch die 1 % eindämmen. Und wer dagegen verstößt, der muss eben für sein asoziales Verhalten haftbar gemacht werden.

        LG Michael Stöcker

    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Lieber Axel1,

      Sie schreiben: „Und letztlich ist es doch unerheblich, ob ich jemandem Geld leihe oder die Bank!“

      Nein, dies ist nicht unerheblich, sondern der zentrale Unterschied im kapitalistischen System. Bei einem Privatkredit wird existente Kaufkraft auf der Zeitachse umgeschichtet. Bei einem Bankkredit wird zusätzliches (Giral)Geld und somit zusätzliche Kaufkraft geschöpft. Für ein besseres Verständnis empfehle Ihnen hierzu Lord Adair Turner und Steve Keen: https://www.youtube.com/watch?v=UUsd-7gF0kc sowie Gerald Braunberger: http://blogs.faz.net/fazit/2016/02/26/innenansichten-eines-molochs-7325/

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Katalin
        Katalin sagte:

        Herr Stöcker,

        “Zinsen haben die Funktion, das Ausfallrisiko eines Kredits zu kompensieren, nicht aber die Zinsfantasien, die aus einem falschen IS-LM-Modell abgeleitet werden”

        Können Sie das bitte kurz erklären.

        Danke

        Gruß

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        Liebe Katalin,

        ich hoffe, Sie sind mit dem klassischen IS-LM-Modell vertraut, das jedem Wiwi wie die Muttermilch eingeflößt wird. Wenn nein, dann wird es nicht ganz einfach für Sie werden. Hier finden Sie Basiswissen: https://de.wikipedia.org/wiki/IS-LM-Modell.

        Das Problem mit diesem Modell: Es basiert auf der falschen Vorstellung von Geld als ausschließlich exogenem Prozess, der sich in fast allen Lehrbüchern findet und so auch von der Bundesbank bis zum Beginn der Finanzkrise kolportiert wurde. Giralgeld entsteht aber durch die Kreditvergabe und erst durch diese Kreditvergabe wird zusätzliches Geld und somit zusätzliche Kaufkraft erzeugt. Der Marktzinssatz ergibt sich dann erst ex post; und das auch ziemlich willkürlich. Je höher die produktive Kreditvergabe, desto höher das reale Wachstum, desto höher das Zinsniveau. Warum? Weil der Zins ein Gewinnbestandteil ist!!! Und Gewinne ergeben sich nicht ex ante, sondern immer erst ex post. Die VWL-Modelle verwechseln in aller Regel Ursache und Wirkung. So auch das IS-LM-Modell, das von Krugman immer weiter verbogen werden musste, um noch etwas halbwegs Sinnvolles ableiten zu können. Erkenntnis erwächst hieraus aber leider keine. Von daher konnten/können die allermeisten Ökonomen diese Krise auch nicht erkennen/verstehen, da sie mit einem fehlerhaften geldpolitischen Paradigma durch die Welt irren (sofern sie denn überhaupt eins haben).

        Schauen Sie sich vertiefend hierzu die 2-stündige Veranstaltung mit Turner, Keen und Giles an, die ich weiter oben verlinkt hatte.

        LG Michael Stöcker

  6. Katalin
    Katalin sagte:

    Hallo,

    die gute alte FAZ, (das Sprachrohr der 200 reichtsten Familien Deutschlands), kann man hier nachlesen; https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Allgemeine_Zeitung
    Jeder darf dort seine Meinung äußern, solange es den Interssen dieser 200 Familien dient.

    Die FAZ findet die Banken und das Geldsystem auch nicht gut, verschweigt aber, dass keiner der 100 Miliardäre Deutschlands bei der Bank beschäftigt ist oder eine besitzt. Und verschweigt auch, wie es sein kann, dass wenn die Banken und das Geldsystem an der Krise schuld sind, diese 100 Familien in den letzten 15 Jahren ihre Vermögen erheblich haben steigern können, während die Mehrheit der Bevölkerung Einkommens und Vermögenseinbußen hat hinnehmen müssen. Unlogisch oder, aber bei der FAZ kommt es auf die Logik nicht an.

    Schon während meines Studiums in Deutschland ist mir eines aufgefallen. Man darf eigene Meinung haben, diskutieren, Fragen stellen, aber man darf keine richtigen Fragen stellen, bzw. diese werden nicht beantwortet oder beachtet.

    Ein Beispiel: Ich erinnere mich sehr gut, als es um die Diskussion um die Veröffentlichungen der Managergehälter der Großkonzerne ging. Ein Lehrbeauftragter mit Doktortitel und FAZ in der Hand, ein Leistungsträger mit Top Ausbildung, stellte uns den Studenten (ca. 60 Leuten) die Frage:
    Wie würdet Ihr entscheiden -wobei er ganz am Anfang Einfluss auf die Antwort alleine durch die Fragestellung nahm. Die meisten der Studenten antworteten mit nein.
    Später sagte er, dass er auch gegen die Veröffentlichung ist, da das niemanden etwas angeht und es Privatsache ist, wieviel man verdient.
    Dies bedeutet: Der Herr war dagegen, das die Eigentümer wissen dürfen, wieviel sie Leute bezahlen müssen, die sie eingestellt haben, was ich eine komische Einstellung zu Demokratie und Privateigentum fand.
    Nebenbei erwähnt die FAZ war zu der Zeit auch gegen die Veröffentlichungen, auch mit der lächerlichen Begründung, Privatsphäre.

    Nun zu dem Herrn Martin:

    1. Die Essenz des Kapitalismus ist der Kredit.
    Warum, warum ist der Kredit die Essenz des Kapitalismus.
    Was ist den überhaupt ein Kredit, kann ein Wirtschaftssystem ohne Kredite funktionieren
    Warum wird diese essentielle Punkt nicht etwas ausführlicher diskutiert.

    2. Kapitalismus ist ein Kettenbrief.
    Gibt es denn ein anderes System, welches, wie würde dieses System aussehen.

    3. Der Kapitalismus ist ein Staatsbastard.
    Was für ein Satz, der Staat wird als etwas komplexes definiert, fast wie ein UFO.
    Wer ist denn, der Staat, das sind wir doch alle, oder nicht. Er wird doch durch irgendwem
    gesteuert oder nicht.

    Fazit:
    Die entscheidende Frage wird wieder nicht gestellt.

    Der Zusammenhang zwischen den Vermögensanhäufung, d.h. Überschüssen und Krediten buw. Schulden, nicht erwähnt, denn ohne neue Schulden ist eine Vermögenssteigerung nicht möglich.

    Alles im Sinne der FAZ bzw. Ihrer Leser, bloß nicht nicht die Verteilungsfrage diskutieren,
    obwohl in keinem anderem westlichen Land die Einkommen und Vermögen in den letzten 15 Jahren so ungerecht verteilt worden sind und sich das Ausland verschuldet hat.

    Gruß

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Antworten auf Ihre Fragen finden Sie hier: https://zinsfehler.files.wordpress.com/2016/01/die-monetaere-krise-des-kapitalismus.pdf Seite 7 ff.

      Lösungen sollten Sie vom Mainstream nicht erwarten. Das war im Mittelalter vor der kopernikanischen Wende nicht anders. Heute landet man zwar nicht mehr auf dem Scheiterhaufen, aber eine wissenschaftliche Karriere ist aussichtslos. Also passt sich die Mehrheit an. War im Sozialismus nicht anders.

      Neben dem zentralen Machtproblem gibt es bei sehr vielen aber immer noch ein Erkenntnisproblem, wie ich gestern mal wieder bei einer Veranstaltung der Bundesbank feststellen musste. Wer jahrzehntelang den neoliberalen Rosenkranz gebetet hat, der mutiert zwangsläufig zum unreflektierten religiösen Eiferer. Der eine glaubt dann an die unbefleckte Empfängnis, der andere an Trickle-down-Effekte auf Basis von Steuersenkungen für Reiche. Und dann schlägt auch noch die kognitive Dissonanz unerbittlich zu. Da müssen wir alle noch sehr viel Überzeugungsarbeit leisten.

      LG Michael Stöcker

      Antworten

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