Asiaten erstmals reicher als Westeuropäer

Dass mich die Entwicklung von Vermögen und ihrer Verteilung interessiert, dürfte nach der Lektüre meiner Kommentare und meines Buches zu den Thesen von Piketty bereits bekannt sein. Was mich jedoch immer wieder verblüfft, ist, dass die Experten, die Vermögen und deren Entwicklung analysieren, niemals die Frage stellen: Wie kann es eigentlich sein, dass Vermögen immer schneller wachsen als die Wirtschaft. Meist fragen sie gar nicht danach oder aber wie Piketty und die Credit Suisse gehen sie von einer von der Realwirtschaft völlig losgelösten Entwicklung aus. Nach dem Motto: Vermögen stehen für sich selbst.

Spätestens seit dem Hinweis, dass der wahre Faktor der Vermögensentwicklung die Immobilienpreise sind und diese, wie kein anderes Vermögensgut von der Möglichkeit sich billig zu verschulden getrieben sind, müsste doch klar sein, dass nur die Verschuldung überhaupt die Vermögensbildung erlaubt. Das sollte übrigens im Hinterkopf haben, wer die deutschen Immobilienpreise mit denen anderer Länder vergleicht. Schweden hat zum Beispiel in den letzten 10 Jahren die Immobilienpreise verdreifacht ‒ die privaten Schulden aber wohl auch.

Jetzt also die neue Studie meiner Ex-Kollegen. Wie immer sehr gut gemacht mit Blick auf die Fakten. Die F.A.Z. berichtet:

  • „Zum ersten Mal besitzen die Asiaten (ohne Japan) mehr Privatvermögen als die Westeuropäer. In dem Bericht (…) kommen die Asiaten auf ein gemeinsames Privatvermögen von 47 Billionen Dollar (42 Billionen Euro). Die Westeuropäer vereinen schlappe 40 Billionen Dollar auf sich. Nordamerika bleibt mit einem kumulierten Privatvermögen von 51 Billionen Dollar die reichste Region der Welt. Doch schon für 2016 erwarten die Studienautoren, dass Asien den Spitzenplatz mit einem Vermögen von dann 57 Billionen übernehmen wird. Bis 2019 könnte ein Drittel des weltweiten Privatvermögens von dann 222 Billionen Dollar in der Region liegen.“ ‒ bto: also, wächst schneller als die Wirtschaft.
  • Allein im Laufe des vergangenen Jahres ist das Privatvermögen in Asien um fast 30 Prozent gewachsen, in der ganzen Welt um zwölf Prozent und in Westeuropa gerade einmal um 6,6. (…) Die Asiaten schlagen auch aus ihrer Vorliebe für Aktien Profit.” ‒ bto: Auch hier wirkt die Politik des billigen Geldes!
  • „Auf die ganze Welt gesehen erwarten die BCG-Experten, dass sich das Vermögen der Superreichen von heute 10 Billionen in den nächsten 5 Jahren auf 18 Billionen Dollar steigern wird. Millionär zu sein ist in diesen Sphären schon gar nichts besonderes mehr. 17 Millionen Millionäre haben die Studienautoren 2014 in der Welt gezählt, 2 Millionen mehr als noch im Jahr davor. Auch hier hat vor allem der Zuwachs der bestehenden Geldanlagen das Wachstum angetrieben. Da das vermutlich auch weiter so geht, sagen die Autoren voraus, dass die Millionäre bis 2019 zusammen 46 Prozent des weltweiten Privatvermögens auf ihren Kontos haben; aktuell sind es 41 Prozent.“

Jetzt legen wir daneben die Studie der Kollegen von McKinsey, die die andere Seite der Medaille betrachten, die immer schneller wachsenden Schulden. Und dann haben wir ein stimmiges Bild. Ich schreibe immer wieder: Schulden können nicht ewig schneller wachsen als das Einkommen. Dies gilt auch für Vermögen.

→ F.A.Z.: Asiaten erstmals reicher als Westeuropäer, 15. Juni 2015