Anleihenmärkte in Europa: Von wegen Entspannungssignal

Wie sehr die Politik der Notenbanken weltweit zu einer Verzerrung an den Finanzmärkten geführt hat und damit die Grundlage für die nächsten Blasen legt, habe ich schon mehrfach angesprochen. Besonders die rekordtiefen Zinsen in den Krisenländern Europas sind fundamental nicht zu rechtfertigen. Spanien und Italien zahlen für zehnjährige Anleihen 2,57  bzw.  2,70 Prozent. Also praktisch nichts. Auch die Unternehmensanleihen aus den Krisenländern haben keinen Abschlag mehr gegenüber jenen aus den solideren Ländern.

Spanien kann nicht kreditwürdiger sein als die USA – Deutschland übrigens auch nicht. Wenn man Schuldenstand, -Dynamik und zu erwartendes Wirtschaftswachstum anschaut, wird klar: Die Schulden können nicht mehr bedient werden. Hier wirkt übrigens auch die Demographie: In Spanien wird die Bevölkerung so stark schrumpfen wie zuletzt nach der großen Pest. In Deutschland steht ebenfalls ein dramatischer Bevölkerungsrückgang bevor.

Die FT wirft erneut einen Blick auf die Anleihen der Krisenländer und kommt zu dem Schluss, dass die tiefen Zinsen zweierlei aussagen. Zum einen, dass eben keine wirtschaftliche Erholung und höhere Inflation bevorsteht und deshalb die EZB noch aggressiver intervenieren wird. Zum anderen, die Überzeugung, dass man es nicht zu Konkursen kommen lässt. Im Notfall wird auch hier die EZB einspringen (oder die relativ stärkeren Länder). Man könnte es also als eine relativ risikolose Strategie sehen, Anleihen dieser Länder zu kaufen. Die Regierungen nutzen das positive Klima, um sich günstig zu verschulden. Der Reformdruck nimmt ab. Die FT sieht klar das Risiko eines plötzlichen Einbruchs, sollte sich zeigen, dass der Aufschwung doch nicht kommt oder andere Turbulenzen eintreten. Potential genug dazu gibt es ja von China über die Ukraine und den Irak.

FT (Anmeldung erforderlich): Grouchy eurozone bonds tell downbeat story, 12. Juni 2014

Wie es wirklich um die Krisenländer steht, zeigt ein Beitrag von Sinclair & Co. über Zero Hedge. Der genaue Blick auf Portugal zeigt, dass die vermeintliche Rettung nur Politikmarketing ist. Die Fakten sind eindeutig (schlecht):

  • Gesamtverschuldung steigt ungebremst:  2009 = 391 Prozent, 2014 = 444 Prozent
  • Die mittelständischen Unternehmen führen wie die privaten Haushalte die Schulden etwas zurück.
  • Der Staat macht weiterhin hohe neue Schulden: von 108 Prozent auf 166 Prozent
  • Da das Wirtschaftswachstum jedoch nicht vom Staat sondern vom Privatsektor erzeugt wird, verschlechtern sich die Aussichten für Portugal weiter. Private Schulden können produktiv sein, staatliche Schulden nicht.
  • Dies passiert vor dem Hintergrund einer schrumpfenden Bevölkerung und einer Abwanderungswelle der gut ausgebildeten Jugend. Wie schon berichtet.

Höhere Zinsen sind in diesem Umfeld undenkbar. Deshalb bleiben sie noch auf Jahre hinaus tief und vermutlich noch tiefer als heute. Europas japanisches Szenario ist damit Realität. Nur werden wir es nicht 20 Jahre durchhalten.

Zero Hedge: Portugal’s Financial Situation Summarized In One Graph, 14. Juni 2014

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