Merkel: Wohlstandsvernichtung wohin man schaut

Gestern hat Frau Merkel ihre erneute Kandidatur erklärt. “Zu groß” wären die Aufgaben für Deutschland, was zur Frage führt: Weshalb wurden die in den vergangenen elf Jahren nicht angepackt?

Aus diesem Grunde heute Morgen frühere Beiträge zum Thema Wohlstandsvernichtung durch Frau Merkel:

So erschien der WirtschaftsWoche dieser Standpunkt von mir anlässlich von zehn Jahren Regierung Merkel. Eine verheerende Bilanz aus dem Blickwinkel des Schaffens von Wohlstand. Wohin man auch schaut: Unser Wohlstand wurde verschleudert:

Zehn Jahre sind es nun her, dass Frau Merkel sich zum ersten Mal verpflichtet hat, „den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren“. Vordergründig scheint ihr das gelungen zu sein. Verglichen zu 2005 haben wir mehr Wachstum, weniger Arbeitslose, immer höhere Außenhandelsüberschüsse und die „schwarze Null“ im Bundeshaushalt.

Doch dieser Blick täuscht. Frau Merkel zehrt von der Substanz, die andere geschaffen haben. Schlimmer noch: Es wurden in ihren zehn Jahren Kanzlerschaft Weichen gestellt, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwächen.

Das fängt an mit der überstürzten Energiewende. Nicht nur, dass sie Kosten von bis zu einer Billion Euro verursacht, die von den Stromverbrauchern zu tragen sind. Sie gefährdet darüber hinaus durch eine Erhöhung der Produktionskosten Tausende von Arbeitsplätzen. Das alles wäre bei einem geordneten Ausstieg aus der Atomenergie nicht passiert.

Zweites Beispiel: das Verschleppen der Eurokrise. Es ist bekannt, dass die Schulden von Staaten und Privaten in der Eurozone zu einem guten Teil nicht mehr tragfähig sind. Statt dieses Problem anzugehen und über Schuldenschnitte und eine echte Reform der Eurozone es zu bereinigen, wurde auf Zeit gespielt. Dabei läuft die Zeit gegen den Gläubiger Deutschland: Die Reformbereitschaft der anderen Ländern sinkt, je länger die Krise andauert, und der Berg an faulen Schulden wird immer größer. Bis jetzt haben deutschen Sparer rund 200 Milliarden Zinsverluste erlitten, weil die EZB mit immer billigerem Geld das Versagen der Politik kompensieren muss. Vorsichtig geschätzt dürfte uns die „Rettung“ des Euro mindestens eine weitere Billion Euro kosten.

Ein drittes Defizit: die Generationengerechtigkeit. Schon 2009 wurden die ungedeckten Verbindlichkeiten des deutschen Staates für künftige Pensions-, Renten- und Gesundheitsleistungen auf über 300 Prozent des BIP geschätzt. Längere Lebenserwartung, frühere Renteneintritte und weniger Kinder passen mathematisch nicht zusammen. Folgerichtig hatte die rot-grüne Bundes­regierung begonnen, das Rentenalter zu erhöhen. Der Rückwärtsgang der Regierung Merkel – Rente mit 63 und Mütterrente – kostet unmittelbar 300 Milliarden Euro. Und er gibt ein fatales Signal für die drohenden Verteilungs­kämpfe, wenn die Babyboomer-Generation in den Ruhestand tritt.

Hinzu kommt der Raubbau an der Infrastruktur Deutschlands. In den letzten 15 Jahren sind die öffentlichen Investitionen nach einer Auswertung der KfW preisbereinigt nur um 7,8 Prozent gestiegen, im Verhältnis zum BIP sind sie gefallen. In den Kommunen, eigentlich die Hauptträger der öffentlichen Investitionen, sind sie nach einer Studie des DIW seit 2003 per Saldo negativ. Dabei braucht gerade ein Industrieland gute Schulen, erstklassige Forschung und funktionierende Verkehrssysteme.

Die Investitionsschwäche könnte sich schließlich auch als Pferdefuß der Merkelschen Flüchtlingspolitik erweisen. Zwar wird der Zustrom junger Menschen von Politikern und Ökonomen als Lösung für die ungedeckten Versprechen der alternden Gesellschaft verkauft. Damit Migranten  im System Deutschland überhaupt einen positiven Beitrag leisten können, sind jedoch erhebliche Investitionen in Sprachschulung und Ausbildung erforderlich, die weit über die derzeit geleistete Soforthilfe hinausgehen. Tätigen wir diese nicht, ist die Gefahr groß, dass es überwiegend eine Zuwanderung in die Sozialsysteme ist. Eine weitere Errungenschaft aus den zehn Jahren Merkelscher Kanzlerschaft – der Mindestlohn – dürfte für die schnelle Integration wenig hilfreich sein.

Wem diese Zusammenfassung nicht genügt, dem empfehle ich weitere Beiträge, die sich eingehender mit den Leistungen dieser Regierung beschäftigen:

„10 Jahre Merkel: Wohlstandsvernichtung, wohin man blickt“

Sie hat dem Land einen erheblichen Schaden zugefügt

„Merkels Europolitik ist krachend gescheitert“

„Angela Merkel has made a mess of the European project – she has to go“

… und noch viele mehr. Einfach “Merkel” in die Suchmaske eingeben.

Kommentare (27) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Hans Müller
    Hans Müller sagte:

    Herr Stelter,
    in Ihrer BCG Studie “Back to Mesopotamia” schlagen Sie doch selber vor, die europäischen Schulden gemäß der “Leistungsfähigkeit” zu verteilen. Dazu gehört auch, die langfristigen Ungleichgewichte abzubauen, also muß dem Wachstumsmotor Deutschland ein Klotz ans Bein gebunden werden. Wie macht man das am besten? Indem man die Infrastruktur schädigt und die Forschung und Ausbildung darben läßt. Die Infrastrukturschäden bei Straßen, Brücken, bei der Bahn legen den Verkehr schon jetzt in den Produktionszentren in Deutschland lahm. Und bei der Forschung wurde durch Bologna und die Umsetzung der Bertelsmann-CHE-Vorstellungen sowie durch de-facto Abschaffung des dualen Systems Deutschland massiv und nachhaltig geschädigt. Das ist genau das, was Merkel & Co vorangetrieben haben und was SIE selber in “Back to Mesopotamia” gefordert haben. Jetzt sehen Sie die Ergebnisse direkt vor Ihrer Haustür. Denken Sie, Merkel hätte sich all das selber ausgedacht? Natürlich sind das Eingaben von “Beratern” und von den Drahtziehern, für die sie die ausführende Marionette ist.

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Na, Herr Müller, das ist aber eine steileThese! Haben Sie Back to Mesopotamia gelesen oder haben Sie darüber gelesen? Ich schlage vor Sie machen ersteres – Paper ist auf bto abrufbar – und dann schreiben Sie mir erneut.

      In dem Paper wurde angeregt, die Schulden in einem geordneten Prozess abzuschreiben und im Gegenzug Reformen der Schuldnerländer zu bekommen. Zwingend damit verbunden ist natürlich, dass man alles tut um die Wachstumskräfte zu stärken, siehe 10-Punkte-Programm in Ending the Era of Ponzi Finance (ebenfalls hier abrufbar) oder in der Billionen Schuldenbombe über Amazon.

      Antworten
  2. Hans
    Hans sagte:

    Das hat angefangen mit der Nichtbehandlung der Lohnnebenkosten, sowie kalte Progression und Mittelstandsbauch. Damit wurden normale Leute vom Konsum abgeklemmt.

    Antworten
  3. Johann Schwarting
    Johann Schwarting sagte:

    Es ist doch alles bestens,

    so: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Deutschland-hat-immer-mehr-Superreiche-article19153831.html
    „Die Menschen in Deutschland werden dank des Immobilienbooms einer Studie zufolge reicher. Das Durchschnittsvermögen pro Erwachsenem stieg in diesem Jahr gegen den weltweiten Trend um 2,8 Prozent auf 185.175 Dollar (rund 174.157 Euro), wie aus dem “Global Wealth Report” der Schweizer Großbank Crédit Suisse hervorgeht. Deutschland verzeichnete damit nach Japan und den USA den drittstärksten Zuwachs.“

    oder so: http://www.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=5730
    „Da Staatsschulden ja gleichzeitig gleichhohe Guthaben der Bevölkerung sind, werden die Bürger also umso reicher, je mehr Schulden der Staat macht. Ich habe mal dem Theo Waigel gesagt: Mach‘ doch noch viel mehr Schulden! Der lehnte empört ab. Ich sagte: Du hast … also was dagegen, dass die Deutschen immer schneller immer reicher werden. Das hat der Theo nicht kapiert.“

    Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ Dr. Stelter

    Ich freue mich, dass Sie in meinen keineswegs zimperlichen Bewertungen, die auch Sie betreffen, genügend argumentativen Gehalt erkennen, um mir konstruktiv zu antworten.

    Zur Sache:

    Es ist zweifellos so, dass wir nicht richtig bilanzieren. Das will ich auch nicht mit dem Verweis relativieren, dass dies schlechte Tradition ist, die lange vor Merkel eingesetzt hat. Ein Sachverhalt ist ein Sachverhalt und Merkel arbeitet an vorderster Front, diesen Sachverhalt zu schaffen bzw. ihn fortzuführen. Abgesehen davon, dass wir uns damit selbst belügen und gesamtgesellschaftliche Verblendung betreiben, bleibt die Frage, ob man das Vernichtung von Wohlstand nennen sollte. Vernichtung ist meinem Verständnis nach „wertlos machen“. Ich würde es daher eher Verluste generierendes Wirtschaften nennen. Aber das ist dann schon Semantik. Wie auch immer, Sie haben einen validen Punkt, wobei ich es als hilfreich empfunden haben würde, wenn sie diesen in Ihrem Beitrag auch so deutlich wie zuletzt dargestellt hätten.

    Ich glaube nicht, dass Frau Merkel nur beim Euro Zwängen unterliegt. Sie muss immer Interessen befriedigen und kann sich diese eben nicht aussuchen.

    Aber man kann natürlich schon fragen:

    Waren die Zwänge immer so groß, dass man sie sozusagen exkulpieren kann?

    Sicher nicht immer. Ganz gewiss waren auch Machterhalt und Opportunismus mit im Spiel. Gerade in der Energiefrage scheint mir das deutlich zu sein: Den Hebel für umweltfreundliche Energiegewinnung umzulegen und gleichzeitig umweltfreundliche Kernkraftwerke abzuschalten, passt nicht richtig zusammen. Fukushima war nicht nur der Grund für die Abschaltung, sondern auch Anlass, auf die mehrheitsgefährdende Abneigung der Bevölkerung gegen Atomkraftwerke zu reagieren. Unabhängig davon: Ich bleibe dabei, dass man unter längerfristigen Aspekten nicht definitiv sagen kann, dass sie mit Ihrer Energiewende unsere Wettbewerbsfähigkeit geschwächt hat.

    Kurzum:

    Ich kann mich mit der quasi apodiktischen Wertung, die Sie und andere gegenüber Merkel an den Tag legen, nicht anfreunden. Ich erkenne Gründe für Kritik, sehe und bewerte sie allerdings im Kontext stark interessenbehafteter Entscheidungsfindung, dem auch eine Kanzlerin nicht beliebig entfliehen kann.

    Das begründet den Dissens.

    Was die Ergebnisse dieser Politik anlangt, sind wir ganz sicher nicht weit auseinander.

    Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Kernkraftwerke sind umweltfreundlich hinsichtlich der Energieerzeugung.

        Wenn sie nicht umweltfreundlich hinsichtlich der Strahlung im näheren Umfeld sind, dann liegt das nicht an immanenten Systemdefiziten, sondern an mangelnder Vorkehrung durch Betreiber und Gesetzgeber.

        Genauso die Endlagerung: Die ist beherrschbar, allerdings zu sehr, sehr hohen Kosten.
        Wenn man diese jetzt nicht aufbringen will, dann kann man das nicht der Technologie ankreiden.

        Es ist so wie es immer ist (Dr. Stelters Thema):

        Man hat gerade einmal bis zur nächsten Kurve gedacht (und gerechnet) und die günstigen Erzeugerkosten auf Basis der Betriebskosten von, ich glaube, so um die 4 Cents pro KWh gern mitgenommen. Die Endrechnung, Abbau der Kernkraftwerke und Endlagerung, kommt später. Da findet sich dann schon jemand, der bezahlt – in schöner Regelmäßigkeit der Steuerzahler.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        Und welche Vorkehrungen treffen wir gegen Flugzeugabstürze??? http://www.tagesspiegel.de/politik/atomsicherheit-kein-deutsches-atomkraftwerk-haelt-einen-flugzeugabsturz-aus/8478342.html. Aber Atomstrom ist ja so schön billig… wenn man die potentiellen Folgekosten externalisiert. Würden wir sämtliche Vorkehrungskosten (inkl. Versicherung) internalisieren, wäre die Atomkraft über Nacht nicht mehr wettbewerbsfähig und würde aus dem Markt ausscheiden. Das nennt man Marktwirtschaft. Alles andere ist Lobbyismus. Wie Sie richtig schreiben: „Man hat gerade einmal bis zur nächsten Kurve gedacht…“

        LG Michael Stöcker

  5. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Ich stelle mir gerade vor, wie die Energiewende, die Eurokrise und die demographischen Probleme angegangen worden wären, wenn die letzten 11 Jahre eine andere Partei den Kanzler gestellt hätte. Glauben Sie, rot-grün und ähnliche Konstellationen hätten wirtschaftlich betrachtet eher in Ihrem Sinne entschieden? Ich denke, auch Sie denken wie ich eher nein. Meines Erachtens hätte kein Kanzler dauerhaft gegen den Willen der Bevölkerung den Atomausstieg und den Zwang zur Reduzierung der CO 2-Emissionen verhindern können, genauso wenig wie die Bereitschaft der Bevölkerung bisher da ist, demographische Probleme als mathematisch notwendig zu erkennen, sondern irrtümlich mehrheitlich als politisch festlegbar angesehen werden. Für Letztere muss der Druck noch viel größer sein, was derzeit nicht vermittelbar ist, da zur Euro- und Bankenrettung Unsummen ausgegeben werden. Der Kernfehler bei allem war in den 90ern von Kohl und vor allem Waigel zu glauben, die mediterranen Staaten nehmen nur durch die Festlegung der Stabilitätskriterien von Masstricht auch die dahinter steckende Kultur an. Sonst hätten wir die letzten 15 Jahre egoistischer wirtschaften können. Wenn Sie die Wohlstandsvernichtung umdrehen wollen, müssen Sie den Austritt aus dem Euro mit Abschreibung der Targetsalden und einer Renationalisierung das Wort reden. Nur dann können Sie das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht durch eine Währungsaufwertung und die Reduzierung von Transferzahlungen reduzieren und die weitere Nivellierung der europäischen Wohlstandsniveaus stoppen. Ihnen ist aber sicher klar, bei wie vielen Ländern und bei welchen deutschen Interessengruppen Sie sich dadurch massiv unbeliebt machen würden. Ja, Frau Merkel hat erhebliche handwerkliche Fehler gemacht, aber das ändert nichts daran, dass der Euro von vielen Ländern als verspätete Reparationszahlungen für den zweiten Weltkrieg gesehen wird, die sozialverträglicher ausgestaltet sind als die Versailler Regeln nach dem 1. Weltkrieg. Sie sehen die Themen m. E. viel zu stark durch die volkswirtschaftliche Brille, aber wir leben nun mal nicht auf einer Insel.

    Antworten
    • Andreas Müller
      Andreas Müller sagte:

      Alle drei Probleme sind getrennt zu betrachten:
      1.) Energiewende: Rot-Grün hatte einen solideren Austiegskompromiss schon beschlossen und hätte (eigentlich) keinen Grund gehabt, wegen Fukushima große Korrekturen daran vorzunehmen. Die akute politische Zwangslage ist hauptsächlich durch Merkels vorangegangene Laufzeitverlängerung akut entstanden.
      2.) Die demografischen Probleme kann keine Regierung (mehr) lösen. Diese sind ein tiefe und langfristige Entwicklung. Alle Regierungen haben versäumt, diese langfristig zu adressieren, vor allem aber die überlange Regierung Kohl.
      3.) Eine rot-grüne Regierung hätte (vermutlich) eine so harte Sparpolitik in Europa ab 2010 nicht durchsetzen können oder wollen, also das Füllhorn stärker geöffnet. Das hätte massiven Widerstand der konservativen Opposition ausgelöst, insbesondere auch einer Oppositionsführerin Merkel, also in jedem Fall eine viel offenere Debatte über die Lage und vermutlich einen Machtwechsel spätestens im Jahr 2013.Das wäre potenziell positiv gewesen.
      Fazit: ich bin absolut davon überzeugt, dass Deutschlands Verfassung heute besser wäre, wenn es 2009 eine Regierung unter Steinmeier gegeben hätte.Die Gründe dafür sind (wie beschrieben) durchaus paradox und nicht darauf zurückzuführen, dass die Linken machtpolitisch besser, sondern dass sie viel schlechter sind. Das Riesenproblem Merkel liegt in der effizienten Ausschaltung der Opposition und damit der parlamentarischen Debatte.
      In Summe muss man sehen, dass die machtpolitisch stärksten Kanzler seit Adenauer, Kohl und Merkel, gemeinsam die größten Fehler gemacht haben – weil sie es konnten.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        >Durch ihr rein machtpolitisches Geschick (bzw. ihre inhaltliche Skrupellosigkeit dabei) ist es ihr gelungen, eine schonungslose Analyse der Lage Deutschlands und Europas länger aufzuschieben, als es Wolfgang Schäuble jemals vermocht hätte. Das ist kein Verdienst, sondern das Hauptproblem. >
        Frau Merkel hat keine Analyse der Lage Deutschlands aufgeschoben.

        Ob und wie die Lage Deutschlands analysiert wird, hängt von der ÖFFENTLICHKEIT ab, nicht von Frau Merkel.

        Die Lage wird jeden Tag „analysiert“, überwiegend und damit zu oft interessengeleitet, z. T. aber auch um Objektivität bemüht und bedenkenswert. Der Blog ist m. A. n. ein Beispiel dafür, hier wird immer wieder der Finger in die Wunde(n) gesteckt.

        >Das Riesenproblem Merkel liegt in der effizienten Ausschaltung der Opposition und damit der parla-mentarischen Debatte.>

        Ich bitte Sie!

        Merkel hat doch nicht die Opposition ausgeschaltet.

        Es hat parlamentarische Debatten gegeben, die Alternativen zur Merkelschen Regierungspolitik auf-gezeigt haben. Denken Sie nur an Gysi.

      • Andreas Müller
        Andreas Müller sagte:

        Lieber Herr Tischer,

        sie hat die Opposition nicht alleine ausgeschaltet, aber durchaus mit Friede Springer und Frau Burda gekungelt, damit öffentliche Debatten ihr nicht gefährlich werden.
        Und natürlich hat sich die Opposition auch bereitwillig ausschalten lassen, aus Konsenssucht, Phantasielosigkeit und Mutlosigkeit.
        Das Ergebnis ist aber nun einmal, dass Angela Merkel der Schlussstein eines starren politischen Gewölbes geworden ist, das solches möglich macht. In dieser Funktion (und nicht als Individuum und Privatperson) darf und muss sie von einem Volk bekämpft werden, das seine Demokratie zurückhaben will.

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Hoffnungslose Argumente – was soll denn das sein?

      Eine verbale Luftblase, so wie nahezu alles, was ich an diesem Thread lese:

      Keine vernünftige Analyse dessen, was möglich und nicht möglich ist unter den Bedingungen kompromissbehafteten Regierens, statt dessen mehr oder minder fragwürdige Feststellungen, mit denen die Niederungen der Ebene am Wünschenswerten bzw. theoretisch Optimalen gemessen werden.

      Das wird dann noch mit dämlichem Zeug, wie Sie es verlinken, unterfüttert:

      „Angela Merkel ist eine der Hauptverantwortlichen für die globale ökonomische Krise und die wachsende Zukunftsangst“.

      Aber klar doch, wenn die ZEIT so etwas schreibt, MUSS es richtig sein – Nachdenken überflüssig.

      Antworten
      • Andreas Müller
        Andreas Müller sagte:

        Ich bin weit davon entfernt, alles richtig zu finden, was die ZEIT schreibt. Es geht mir hier in erster Linie um die Abenteuerlichkeit der Argumentation – den Schrempp-Moment.
        Aber Frau Merkel ist tatsächlich eine Schlüsselperson dafür, dass das Schiff so lange auf diesem Kurs treiben konnte. Durch ihr rein machtpolitisches Geschick (bzw. ihre inhaltliche Skrupellosigkeit dabei) ist es ihr gelungen, eine schonungslose Analyse der Lage Deutschlands und Europas länger aufzuschieben, als es Wolfgang Schäuble jemals vermocht hätte. Das ist kein Verdienst, sondern das Hauptproblem.

  6. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ Johannes

    >Reden wir wirklich über Politik?>

    Wenn WIR über Merkel und vermeintliche oder tatsächliche Wohlstandsverluste reden, dann reden wir über POLITIK und die Konsequenzen ihrer Politik– über was denn sonst?

    Klar, man kann auch über die Falten reden, die sich einstellen, wenn jemand so lange in diesem Amt ist. Tun andere und ist nicht verboten. Aber hier doch nicht.

    Antworten
    • Johannes
      Johannes sagte:

      @ Herr Tischer (schätze Ihre Beiträge übrigens sehr)

      “Wenn WIR über Merkel und vermeintliche oder tatsächliche Wohlstandsverluste reden, dann reden wir über POLITIK und die Konsequenzen ihrer Politik– über was denn sonst?”

      WIR reden, zumindest nach meinem Verständnis, über die wirtschafltichen AUSWIRKUNGEN von POLITIK. Gelegentlich werden die politischen KONSQUENZEN der Politik hier gestriffen, z.B. in der der Einschätzung, welche Partei im September 2017 am stärksten von dem Wiederantritt von Frau Merkel profitieren wird.

      Würden wir hier ÜBER Politik reden, ginge es in diesem Blog nach all meiner Erfahrung mit anderen Blog´s deutlich weniger harmonisch zu. Und ich bin sehr froh, dass es hier so ist, wie es ist

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Danke für Ihre Wertschätzung.

        Wir reden über die Auswirkungen von Politik.

        Das sind ökonomische Auswirkungen, soziale, auch solche, die internationale Beziehungen betreffen.

        An diesem Blog geht es im Wesentlichen um die ökonomischen, ganz richtig.

        Ich stimme ja mit dem Mainstream am Blog überein:

        Deutschland ist in einer Wohlfühlblase. Das Land müsste in einem ganz anderen Zustand sein, wenn man an sein Potenzial denkt und vor allem daran, was uns noch abverlangt werden wird schon allein aufgrund von Entwicklungen, die kein einziger Politiker, auch Merkel nicht zu verantworten hat (Demografie, Globalisierung, Digitalisierung etc.).

        Das ökonomisch bewertend kann man sagen:

        Das Wohlstandspotenzial ist nicht ausgeschöpft worden bzw. die Weichen sind nicht so ge-stellt worden, dass es zukünftig maximales Wachstum zu erreichen ist. Vor allem: Das Land ist nicht gewappnet für mögliche ökonomische Krisen, die nach Lage der Dinge zu erwarten sind.

        Man kann weiter sagen:

        Das ist WÄHREND der Amtszeit Merkels geschehen, d. h. mit ihrer maßgeblichen Beteiligung.

        Man kann jedoch NICHT sagen:

        „Merkel: WohlstandsVERNICHTUNG (!) wohin man schaut“, wenn die deutsche Wirtschaft während der Amtszeit von Merkel gewachsen ist (wenn auch schwach, gemessen an der Vergangenheit).

        Man kann auch NICHT sagen:

        Merkel ist ursächlich dafür verantwortlich, d. h. den unbefriedigenden Zustand ALLEIN ihr in die Schuhe schieben.

        Das ist zu einfach, blendet die Mechanismen politischer Entscheidungsfindung aus und ist daher irreführend.

        Ich verstehe nicht, wie auf dieser Ebene der Diskussion so viele ihre Analysefähigkeit aufge-ben. In erster Linie meine ich damit auch Dr. Stelter – eben weil er so fachkundig und stringent analysieren kann.

        Wird über Politik geredet, wird es naturgemäß schnell emotional. Gerade DESHALB ist die kühle Analyse erforderlich, wenn wir über REALISTISCHE Möglichkeiten ihrer Gestaltung urteilen. Das hindert niemanden daran, wie erforderlich die Folgen, Verfehlungen und Defizite von Politik schonungslos aufzudecken.

      • Daniel Stelter
        Daniel Stelter sagte:

        Lieber Herr Tischer, wir hatten ja dieselbe Diskussion schon in der Vergangenheit als die Beiträge ursprünglich erschienen sind. Insofern sind Sie – wie immer – konsistent. Was diesen Punkt betrifft: “Man kann jedoch NICHT sagen: „Merkel: WohlstandsVERNICHTUNG (!) wohin man schaut“, wenn die deutsche Wirtschaft während der Amtszeit von Merkel gewachsen ist (wenn auch schwach, gemessen an der Vergangenheit).” bin ich anderer Meinung. Der Staat und wir als Volkswirtschaft bilanzieren nicht ordentlich. Denn sonst würden wir die latenten Verpflichtungen (Rente, Sozialkassen, Energiewende, ungesteuerte Zuwanderung) sehen (und die sind gestiegen!!!) und auch die latenten Verluste (Target, Euroforderungen etc). Dann müssten wir sagen, dass der Cash Flow gut ausieht = Wachstum/Beschäftigung aber die Bilanz schlecht. Wenig Vermögenswachstum, wenn bereinigt um diese latenten Kosten wohl eher die Vernichtung von Wohlstand, nicht die Schaffung. Die Volkswirtschaft hat mehr Wohlstand erzeugt als wir letztlich haben, weil die Politik ihn veruntreut hat. Damit ist es für mich eine WohlstandsVERNICHTUNG gegenüber dem Zustand mit besserer Politik.

        Dass Frau Merkel in gewissen Zwängen ist, stimmt. Doch dies gilt wohl nur für den Euro. Die anderen Punkte waren freiwillig, ausser Sie sehen Wählerbeglückung als einen Zwang an?

        Herzlich,

        DSt

  7. Ondoron
    Ondoron sagte:

    Die Merkel – alias IM Erika – frönt der Transformationsstrategie: Einmal Sozialistin, immer Sozialistin. Der frühere Glaube an die ruhmreiche Sowjetunion wich dem unbedingten, aggressiven Glauben an die Globalisierung des “crony capitalism” der alles ist, aber eben keine Marktwirtschaft (Kapitalismus).

    Diese nägelkauende Frau wird wohl wieder gewählt werden. Die keynesianisch geprägten Deutschen mit den “westlichen Werten” werden es ermöglichen.

    Antworten
  8. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Erst einmal:

    Ich bin keiner, der Merkel lobt, überschwänglich schon gar nicht.

    Ich kritisiere sie vielmehr, u. a. dafür, dass sie einer konsumorientierten Konsensbildung in der Gesellschaft zu sehr nachgegeben hat statt mehr auf Investitionen zu drängen. Hier gibt es keinen Dissens mit Dr. Stelter und M. Stöcker. Und ich habe ihr Gerede von der Alternativlosigkeit schon immer für verheerend gehalten. Eine offene Gesellschaft BRAUCHT den öffentlichen Diskurs über Alternativen, um konsensfähig zu bleiben. Alternativlosigkeit zu predigen und DAMIT eine bestimmte Politik zu legitimieren, führt zu Politikverdrossenheit und letztlich zu Zuständen, wie wir sie in beängstigender Vielfalt jenseits unserer Grenzen beobachten können.

    Zweitens:

    Ich stimme bestimmten Aussagen zu, wie z. B.:

    >Frau Merkel zehrt von der Substanz, die andere geschaffen haben.>

    Das ist nahezu immer richtig, bei Merkel aber auf außerordentliche Weise:

    Sie zehrt nicht nur von der Substanz, z. B. den Schröder-Reformen. Sie zehrt u. a. auch von der sehr maßvollen Lohnpolitik der Gewerkschaften und Krisenfunktionalität, insbesondere von der enormen Zinsentlastung des Haushalts angesichts der Niedrigzinspolitik der EZB und den Kostenvorteilen unserer Exportwirtschaft durch den (für uns) unterbewerteten Euro.

    Das daraus nicht mehr gemacht wurde, ist nicht nur ihr, aber vor allem ihr anzukreiden.

    Drittens:

    Ich halte Aussagen für unbewiesen oder falsch, wie z. B.:

    >Es wurden in ihren zehn Jahren Kanzlerschaft Weichen gestellt, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwächen.>

    Selbst wenn solche Weichen gestellt worden sein sollten, etwa wie hier behauptet mit der „überstürzten Energiewende“, ist begründbar, dass es aus ÜBERGEORDNETEN Gründen erforderlich war, sie zu stellen (hier: Umwelt und Sicherheit). Wettbewerbsfähigkeit ist eminent wichtig, aber nicht das einzige Kriterium für erfolgreiche Politik. Darüber hinaus lässt sich argumentieren (wenn auch nicht beweisen), dass zwar die Kosten der Energiewende die kurz- bis mittelfristige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gemindert haben, die Energiewende jedoch die Wettbewerbsfähigkeit langfristig durchaus steigern könnte.

    Viertens:

    Aussagen wie „Wohlstandsvernichtung wohin man schaut“ halte ich nicht für diskussionswürdig. Daher gleich zum entscheidenden Punkt:

    Ich finde die Kritik an Merkel völlig daneben, weil die Alternativen zu ihrer Politik, die mit der Kritik implizit gefordert werden, nicht klar benannt werden.

    Beispiel (The Telegraph, wie hier zitiert):

    >She has allowed the euro crisis to drift dangerously on.>

    Ja, hat sie.

    WIE hätte sie denn anstatt mit der Eurokrise umgehen sollen?

    Hätte sie Griechenland rausdrängen und als Folge einen sehr wahrscheinlichen Verfall der Eurozone in Kauf nehmen sollen?

    Auf einen umfassenden Schuldenschnitt drängen sollen (ohne ihn womöglich durchsetzen zu können) mit der Folge, dass es vermutlich zu unbeherrschbaren Verwerfungen im Finanzsystem und bei den politischen Stabilitätsmechanismen gekommen wäre?

    Oder ….?

    REALISTISCHE und VERTRÄGLICHE Vorschläge bitte.

    >„Among the political class, where hanging onto power and reaching compromises are valued above everything else, she has a reputation as a masterful politician. The trouble is, that is nonsense; she has weakened rather than strengthened the European economy.“

    STABILISIERENDE Kompromisse zu erzielen, ist nicht hinreichend (siehe meine Kritik oben), aber in Demokratien eine Notwendigkeit. Das sollte nicht nur eine Erkenntnis der politischen Klasse sein, sondern die aller Beteiligten und Betroffenen. Merkel ist meisterhaft, stabilisierende Kompromisse zu finden (wenn nach Lage der Dinge auch nur kurzfristig stabilisierende). Sie ist das jedenfalls verglichen mit anderen.

    Man kann sie ja mal daran messen, was Regierungen anderswo leisten.

    Freilich:

    Die Politik, die dabei herauskommt, kann kaum besser sein als die Interessen, die der Kompromissbildung zu Grunde liegen.

    Das ist das Tragische jeder bemühten Politik.

    Übrigens:

    The Telegraph wird noch ausgiebig Gelegenheit haben, sich darüber auszulassen, wer in GB „has to go“.

    Antworten
    • Johannes
      Johannes sagte:

      “Ich finde die Kritik an Merkel völlig daneben, weil die Alternativen zu ihrer Politik, die mit der Kritik implizit gefordert werden, nicht klar benannt werden. ”

      Dies ist – aus finanzwirtschaftlicher Sicht – freilich hier schon geschehen; in mehreren Beiträgen der letzten beiden Jahre besonders.

      In politischer Hinsicht ist dies in der Tat stets “nur” am Rande geschehen. Dies liegt aber an der Fokussierung dieses Blogs auf die in der Überschrift genannten Themen. Diesen Focus hat dieser Blog nicht – mir gefällt das, auch wenn es mir manchmal schwerfällt, nicht die Politik zu betreten.

      Antworten
      • Johannes
        Johannes sagte:

        “Diesen Focus hat dieser Blog nicht” soll heißen

        “Diesen Focus hat dieser Blog…”

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        >Dies ist – aus finanzwirtschaftlicher Sicht – freilich hier schon geschehen;>

        Tatsächlich?

        Was hier an diesem Blog geschehen ist:

        Von Dr. Stelter sind Vorschläge unterbreitet worden, die im KONZEPTIONELLEN Rahmen der Problembetrachtung Alternativen zu dem sein könnten, was in der Realität geschieht.

        Das sind aber nicht DIE Vorschläge, die Politik umsetzen könnte – Merkel hin oder her. Es gibt in Demokratien keine Mehrheiten dafür, z. B. weder national noch international einen Konsens darüber, dass und wie eine geordnete Entschuldung durchgeführt werden sollte.

        Selbst Dr. Stelter stellt ja immer wieder fest, dass die Politik es – wie auch immer – nicht richten könne.

        Wir reden hier über POLITIK und kritisieren Politik. Soweit diese auf konzeptionellen Überlegungen beruhen soll, und das soll sie ja, um problemorientiert wirksam werden zu können, müssen diese realistisch und verträglich sein.

        Soweit es FUNDAMENTALE Alternativen betrifft, wie z. B. eine geordnete Entschuldung, sind sie das nicht.

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Johann Schwarting Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.