“Keine schmerzfreien Lösungen”

Michael Ferber von der NZZ berichtet vom Swiss Bond Congress, bei dem ich als Referent mitwirken durfte:

  • Wer zahlt die Zeche für die enormen Schuldenberge, die sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in den Industrieländern aufgetürmt haben? Wie lässt sich die Schuldenkrise lösen? (…) Schliesslich spitzt sich die Lage zusehends zu, denn in einigen Ländern wurde seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 so weitergemacht, als habe es diese nie gegeben. Dass die Schuldentürme jemals abgetragen werden, ist zunehmend unrealistisch. Zudem sorgt die demografische Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten für grosse zusätzliche Belastungen.”
  • “Langfristig dürfte die Strategie, die Schuldenkrise mit immer noch mehr Schulden zu bekämpfen, nicht funktionieren. Diese dienten immer mehr der Bedienung vorhandener Schulden, führte der Ökonom und Autor Daniel Stelter in seinem Vortrag aus. Genauso wenig ist davon auszugehen, dass es den internationalen Zentralbanken mit ihrer ultraexpansiven Geldpolitik gelingt, die Krise zu lösen – zumal viele Regierungen sie im Regen stehen lassen und keine strukturellen Reformen angehen.”
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  • Der Grenznutzen weiterer geldpolitischer Massnahmen gilt als abnehmend. Die von mehreren Zentralbanken verhängten Negativzinsen verschafften den Regierungen der hoch verschuldeten südeuropäischen EU-Länder Zeit, um das Schuldenproblem zu entschärfen, sagte Hermann. Sie seien aber keine Lösung gegen die Überschuldung und könnten strukturelle Reformen nicht ersetzen.
  • Stelter ging auf den Zielwert von 180 Prozent des BIP eines Lands für eine noch tragfähige Gesamtverschuldung ein – dabei werden die Schulden von privaten Haushalten, Nicht-Finanz-Haushalten und Staaten addiert. Legt man diese Schwelle an, haben die Länder der Euro-Zone gemäss seinen Berechnungen einen Schuldenüberhang von rund 7,8 Billionen Euro. Angesichts dieser Dimension zeigte er sich skeptisch, dass es Europa gelingen könnte, sich aus der Krise herauszusparen.”
  • “Auch die Vorschläge von keynesianisch geprägten Ökonomen wie dem ehemaligen amerikanischen Finanzminister Lawrence Summers, die Krise mit negativen Zinsen und Staatsausgaben auf Kredit zu bekämpfen, dürften das Problem nicht lösen. In Wirklichkeit leide die Welt unter den zu hohen Schulden, die abgebaut werden müssten.
  • Aus Sicht von Stelter dürfte dies aber nicht schmerzfrei gehen. Er plädierte für mehr Pleiten und Restrukturierungen, um den Schuldenüberhang zu bekämpfen. Es gebe keine Lösung, die die bestehenden Vermögen erhalte und gleichzeitig die Schulden abbaue.”

→ NZZ: “Keine schmerzfreien Lösungen”, 27. September 2016