Athen unter­schätzt die Ver­lockung, ein Exem­pel zu statuieren

Am 15. Januar ist dieser Kommentar von mir bei manager magazin online erschienen. Viele von Ihnen werden meinen Hinweis schon damals gesehen haben. Dennoch hier noch einmal die Wiederholung. Was sich in Griechenland abspielt, ist ein großes Theater. Die Regierung in Athen ahnt vielleicht gar nicht, wie sehr sich die anderen Staaten ein Exempel wünschen, um die eigene Bevölkerung auf Linie zu halten. Gerade Spanien stellt sich besonders hart auf ‒ mit Blick auf die eigene Protestbewegung. Zwar meinte der eine oder andere, mein Beitrag sei “politisch naiv” ‒ und ich will das gar nicht ausschließen, bin ich doch aus gutem Grund kein Politiker geworden. Dennoch scheinen beide Spieler die Bereitschaft des anderen, den Crash in Kauf zu nehmen, nicht richtig einzuschätzen.

Im Kommentar zum Theater um Griechenland bei manager magazin online schrieb ich: “Die erneute griechische Tragödie kann nur jene überraschen, die sich von der Politik haben einlullen lassen. Europa ist auf dem besten Wege zwar nicht wie Griechenland, so doch zumindest wie Italien zu werden: verkrustet, nicht wettbewerbsfähig und pleite.” Und weiter: “Dabei ist es durchaus verlockend für die Politik, mit dem zu erwartenden Chaos in Griechenland, wie Bankenschließungen, Kapitalverkehrskontrollen und einem weiteren Einbruch der Wirtschaft ein Exempel zu statuieren. Damit könnte man die eurokritischen Kräfte wie Podemos in Spanien und die Cinque Stelle-Bewegung in Italien schwächen und proeuropäischen Kräfte stärken.”

Das griechische Theater kann den Weg frei machen, für eine Fortsetzung der aktuellen Politik, eine Krise die durch zu viel und zu billiges Geld ausgelöst wurde durch noch mehr und noch billigeres Geld zu bekämpfen. Dabei kann die EZB der Politik nur Zeit kaufen, die eigentlich erforderlichen Dinge zu tun, allen voran eine europaweite Schuldenrestrukturierung.
Die Politik nutzt die gewonnene Zeit jedoch nicht. Spätestens seit den magischen “Whatever it takes”-Worten von Mario Draghi, hat sie sich aus der Krisenlösung zurückgezogen. Immer tiefere Zinsen signalisieren den Finanzministern Entspannung, dabei widerspiegeln diese mehr die erfolgreiche Spekulation auf Deflation und das Vertrauen darauf, letztlich die Anleihen mit sattem Gewinn an die EZB weiterzureichen.
Die eigentlichen Probleme Europas, die unzureichende Wettbewerbsfähigkeit und die Überschuldung werden so jedoch nicht gelöst, sondern wachsen immer weiter an. Ganz Europa ist auf dem besten Wege zwar nicht wie Griechenland, so doch zumindest wie Italien zu werden: verkrustet, nicht wettbewerbsfähig und pleite.

Den vollständigen Text finden Sie hier:

→ manager-magazin.de: „Die wahre Gefahr des griechischen Theaters“, 9. Januar 2015

Eine Kurzfassung erschien zudem beim The Globalist:

the Globalist: Greek Theater and Europe’s Future, 12. Januar 2015